Muss ein Christ wortwörtlich an die Bibel glauben?

Veröffentlicht in: Artikel | 0

6. Juni 2019 / 

Ein alter Freund, der Malermeister Simon Poppe aus Bremen, der jedem historisch-kritischen Bibelverständnis ablehnend gegenübersteht, fragte mich, ob wir nicht einmal per Internet einen Dialog über unsere Streitfragen führen sollten. Dabei sollte es weniger um den Versuch gehen, den jeweils anderen vom eigenen Standpunkt zu überzeugen, sondern eher darum, ein besseres Verständnis für die Position des anderen zu gewinnen.

Eine aufgeschlagene Bibel, angestrahlt von einer Lichtquelle, die von oben kommt, wie vom Himmel - muss man sie als wortwörtlich offenbartes Wort Gottes lesen?

Die Bibel: Buchstäblich offenbarte Wahrheit oder in Menschenworte verpacktes Gotteswort? (Bild: katie175 – Pixabay)

Wir führten den Dialog drei Wochen lang, vom 14. Mai bis 4. Juni 2019. Das Ergebnis veröffentlichen wir sowohl auf seiner Internetseite https://www.zeitaufzustehen.de/ als auch hier auf meiner bibelwelt.de Seite.Text in schwarzer Farbe stammt von Simon PoppeText in blauer Farbe von mir, Helmut Schütz.Damit man unseren Gedankengängen etwas leichter folgen kann, sind vor allem dort, wo sie sich stark verzweigen, in roter Farbe Hinweise auf Stichworte in den Text eingestreut, die den Themenschwerpunkt in den jeweils folgenden Abschnitten bilden.

→ „Wahrheit oder Lüge“ → „Jungfrauengeburt“

S. P.: Lieber Helmut, Du hast meine Denkweise schon öfter als „fundamentalistisch“ bezeichnet. Für mich ist eine Sache entweder wahr oder falsch. Beispielsweise die Aussage, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde. Ein Theologe wie Du würde wahrscheinlich sagen, dass diese Aussage zwar wahr, aber nicht historisch sei, stimmt‘s? Aber wenn sie „nicht historisch“ wäre, wie kann sie dann „wahr“ sein?

H. S.: Genau genommen würde ich sagen, dass ich es für den Glauben unerheblich finde, ob diese Aussage historisch wahr ist oder nicht. Ich möchte nicht beweisen, dass keine biologische Jungfrauengeburt Jesu stattgefunden hat. Aber das Wunder, dass Jesus Gottes Sohn ist, hängt nicht daran, ob Maria biologisch als Jungfrau schwanger geworden ist. Indem Matthäus und Lukas von der Jungfrauengeburt erzählen, beschreiben sie (für mich auf bildhafte Weise – sie selbst verstanden es sicher auch real biologisch), dass Jesus seine Göttlichkeit, die vollkommene Liebe Gottes, die in ihm wohnte, nicht von einem menschlichen Vater vererbt bekommen haben kann. Und ich persönlich finde es wunderbar, dass Gott seine Liebe ausgerechnet in dem Kind eines unehelich schwanger gewordenen Mädchens, das ihr Verlobter verstoßen will, zur Welt kommen lassen will.

S. P.: Die Frage, ob es für den Glauben an die Liebe Gottes „erheblich“ sei oder nicht, an eine buchstäbliche Jungfrauengeburt zu glauben, lenkt geschickt von der viel bedeutsameren Frage nach der GLAUBWÜRDIGKEIT der Bibel an sich ab. Wie stark wird wohl die Liebe zwischen Eheleuten sein, wenn beide einander kein Wort mehr glauben können? Die Ehefrau stellt z.B. ihren Mann zur Rede wegen einer E-Mail an seine geheime Geliebte, und dieser versucht ihr zu erklären, dass es sich nur um schöne Poesie handele, aber die Liebesbeteuerungen an die andere angeblich überhaupt keinen Einfluss hätten auf die Liebe des Mannes zu seiner Ehefrau. Und wie glaubwürdig ist wohl ein Zeuge vor Gericht, wenn er in einer früheren Aussage von einer „Jungfrau“ spricht und dann später – interessegeleitet – angeblich nur noch etwas von einer „jungen Frau“ gesagt haben will?!

H. S.: Ich denke, dass du hier sehr klar das zum Ausdruck bringst, was ich mit Fundamentalismus meine. Es ist eine bestechend einfache Sicht der Bibel, dass alle Aussagen in ihr entweder nur „wahr“ im Sinne von faktisch genau so geschehenen Tatsachen, historisch nachprüfbaren Gegebenheiten sein können – oder sie sind „falsch“ im Sinne einer Lüge, eines Betrugs, eine Falschaussage vor Gericht.

Ja, und ich gebe zu, es ist nicht leicht für mich, darauf eine Antwort zu geben. Ich glaube, ohne das Wunder des Heiligen Geistes, dass nämlich Gott selbst in mir wie in allen anderen Christen den Glauben (das unerschütterliche Vertrauen auf seine Liebe) weckt und erhält, wäre es unmöglich, in den so widersprüchlich erscheinenden (und manchmal auch wirklich einander widersprechenden) menschlichen Aufzeichnungen der Bibel von Glaubenserfahrungen wirklich Gottes glaubwürdiges Wort zu entdecken.

Interessanterweise beruft sich Matthäus, als er von der Geburt aus der „Jungfrau“ (parthenos) spricht, auf eine Prophezeiung des Jesaja, in der dieser tatsächlich von einer „jungen Frau“ spricht (alma, nicht bethula, womit die unberührte Jungfrau gemeint gewesen wäre), die in Kürze ein Kind gebären werde.

S. P.: Da ich kein Hebräisch kann, muss ich mich hier auf den Kommentar eines Nachschlagewerkes verlassen, der wie folgt lautet:

ALMa‘H = VERHEIMLICHTE
Ein weibliches Wesen, das weder von einem Mann erkannt noch einem solchen gegenüber irgendwie enthüllt (d.h. entkleidet) wurde. Das hebräische Wort ist also, was die Verbindung zum männlichen Geschlecht betrifft, begrifflich noch enger als das Wort BöTULa‘H : JUNGFRAU. Nicht jede Jungfrau ist eine Verheimlichte, es ist aber jede Verheimlichte eine Jungfrau. Die Geburt des HErrn aus einer Jungfrau ist somit durch den Grundtext von Jesaja 7:14 nicht infrage gestellt, sondern bestätigt. ALMa‘H gehört zur Wortfamilie von ALU‘M : Verheimlichtes (Psalm 90:8), A‘LäM : UNBEKANNTER (wörtlich: VERHEIMLICHTER)(1. Samuel 17:56), TaALUMa‘H : VERHEIMLICHUNG (Hiob 28:11), ALUMI‘M : VERHEIMLICHTWORDENE (Jesaja 54:4) und ALa‘M, das im Passiv (ni) mit VERHEIMLICHT SEIN (3. Mose 4:13) und in der Verursachungsform (hi) mit VERHEIMLICHEN (Jesaja 1:15) übersetzt wird
.“
(Worterklärung aus der DaBhaR-Übersetzung von F.H. Baader 1989).

H. S.: Du beziehst dich hier leider auf die extrem „konkordante“ Bibelübersetzung von Baader, die dem Irrtum verfällt, man könne jedes Wort bzw. jeden Wortstamm einer Sprache wie der Hebräischen oder Griechischen mit einem in der Bedeutung völlig genau übereinstimmenden Wort bzw. Wortstamm in der jeweiligen Zielsprache übersetzen. (Prof. von Siebenthal, der zur Zeit an der Freien Theologischen Hochschule Gießen lehrt, hat zu dieser Übersetzung hiereinige Kritik geübt.)

Aber OK, nehmen wir an, das Wort ALMaH käme wirklich vom Wortstamm „verheimlichen, verbergen“, so liefe der Wortsinn für Jesaja 7,14 („Mädchen im heiratsfähigen Alter, junge Frau, bis sie Kinder bekommt“) immer noch darauf hinaus, dass eine geschlechtsreife junge Frau demnächst ein Kind gebären wird, und zwar nicht ALS Jungfrau, sondern auf völlig natürliche Weise, wie das bei jeder ALMaH der Fall war, wenn sie heiratet und Kinder bekommt. Denn Jesaja 7,16 sagt dem König Ahas bereits in kurzer Zeit die Verödung des Landes voraus, „vor dessen zwei Königen dir graut“. Matthäus hört in diesem Wort Jesajas allerdings mehr – er deutet es sozusagen „allegorisch“ – mit einer „anderen“ Bedeutung – er hört es als Vorausschau auf Maria, die den Messias Gottes zur Welt bringt.

S. P.: Dass ich aus einem bestimmten Fachbuch zitiere, muss keineswegs bedeuten, dass ich mich mit allen theologischen Ansichten des Autors einverstanden erkläre. Aber soweit er sich auf unbestreitbare und wissenschaftlich überprüfbare Fakten berufen kann, tun seine sonstigen Ansichten nichts zur Sache.

Prophetische „Zeichen“ hatten die Funktion, ein vorhergesagtes Szenario durch die zusätzliche Ankündigung eines außergewöhnlichen Ereignisses als göttliche Bestätigung anzuzeigen („Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst“, Lukas 22:34). Wenn es sich bei der angekündigten ALMaH nur um irgend eine beliebige gebährfähige junge Frau handeln würde, dann könnte man dieses Ereignis wohl kaum als außergewöhnlich deuten, denn in der Zeit nach dieser Weissagung haben ja auch Millionen anderer junger Frauen Kinder geboren, die „Rahm und Honig aßen“ oder die irgendwann „wussten, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen“. Die einzige Besonderheit an dieser Geburt kann eigentlich nur in der jungfräulichen Empfängnis bestanden haben.

Abgesehen davon hatte der Engel der Maria klar gesagt, dass sie diesen Sohn ohne die natürliche Zeugung empfangen würde, sondern: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (Lukas 1:35). Die Frage ist also nicht, ob diese Aussage missverständlich ist, sondern ob wir sie GLAUBEN WOLLEN oder nicht. Ich glaube sie. Denn derselbe Gott, der das Leben erschuf, vermag auch eine Jungfrau übernatürlich zu schwängern.

H. S.: Wie ich schon sagte, bezieht sich Jesaja 7:14 unmittelbar auf eine junge Frau, die noch zu Lebzeiten des Ahas ihr Kind bekommt, ohne dass dabei irgendeine Andeutung einer jungfräulichen Geburt im Spiel wäre, denn die Pointe der prophetischen Ankündigung steht in 7:16: „das Land wird verödet sein, vor dessen zwei Königen dir graut“, und zwar noch bevor der Sohn dieser frisch verheirateten Frau groß geworden ist.

Recht gebe ich dir darin, dass Matthäus diese Ankündigung aus ihrem unmittelbaren Kontext heraushebt und – im Glauben – als Zeichen auf die von ihm als jungfräulich verstandene Geburt Jesu bezieht. Der von dir zitierte Vers Lukas 1:35 kann meines Erachtens auch als bildhafte Aussage über die Bewahrung Marias in ihrer vielleicht sogar durch Missbrauch entstandenen Schwangerschaft gedeutet werden (so Jane Schaberg in ihrem Buch über die illegitime Geburt Jesu oder ich in meinem Aufsatz „Marie, die reine Magd“) – du erinnerst dich ja vielleicht noch, dass ich es für möglich (nicht für einen bewiesenen Fakt) halte, die Jungfräulichkeit Marias als Zuspruch an das missbrauchte Mädchen Maria zu deuten, das ein Kind bekommt, von dem andere denken, es sei ein Bastard („Schlemmer und Weinsäufer“, „Sohn Marias“, „wir haben Abraham zum Vater“): Gott sagt Josef bzw. Maria durch seinen Engel: dieses Kind mag in den Augen der männlich dominierten Welt ein verachtetes Kind der Schande sein, aber mir gefällt es, meine ewige Liebe in diesem Allerverachtetsten aller Menschen wohnen zu lassen.

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche“

Dein Stichwort „GLAUBEN WOLLEN“ weckt in mir die Assoziation: „Wenn du das nicht glaubst, bist du kein richtiger Christ!“ – aber nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass derselbe Gott, der mir meinen Verstand gegeben hat, mir vorschreiben will, übernatürliche Dinge als Fakt glauben zu sollen, die ich ebenso gut als Deutungen der natürlichen – und doch wunderbaren – Wirklichkeit des Glaubens verstehen kann.

S. P.: Gerade in dem von Dir zuletzt genannten Satz kommen wir dem Kern des Problems einen entscheidenden Schritt näher, nämlich der Frage nach den Motiven für unsere Glaubensentscheidung. Ich will keine Mutmaßungen über Dich anstellen und kann nur objektiv über meine eigenen Motive sprechen: Meinem Gott zuzutrauen, dass Er „alles vermag und kein Ding Ihm verwehrt werden kann“, ist für mich KINDERLEICHT und hat mir seit meiner Kindheit noch nie irgendeine verstandesmäßige Anstrengung oder gar Anfechtung abverlangt. Ich musste die Jungfrauengeburt also noch nicht einmal erst „glauben WOLLEN“, geschweige denn mir Gedanken machen, ob Gott mir den Glauben an übernatürliche Dinge „VORSCHREIBEN“ könnte; denn warum sollte Der, Der ein Naturgesetz erlassen hat, es nicht auch selber zeitweise außer Kraft setzen können/dürfen? („Sonne stehe still zu Gibeon!“ Josua 10:12). Wer wollte Gott dies denn untersagen? Gott darf sich selber nicht verleugnen und ist zwar verpflichtet, Gerechtigkeit und Recht zu üben, um Seine Thronesmacht nicht zu gefährden, aber die Naturgesetze sind vergleichsweise von deutlich untergeordneter Bedeutung.

Deshalb halte ich es für eine zwiespältige Quälerei und eine gänzlich überflüssige Rücksichtnahme, wenn ich die biblischen Texte immer nur unter dem Vorbehalt ihrer Wissenschaftlichkeit glauben müsste und sie andernfalls verkrampft umzudeuten hätte.

H. S.: Meine Prägung aus Kindheitstagen ist anders: Meine Eltern waren beide gläubig, für meine Mutter stand im Vordergrund, dass der Glaube ihr Kraft und Lebensmut in schweren Zeiten gab, mein Vater als Landwirt, Soldat und Arbeiter verband seinen Glauben mit einer nüchternen, verstandesbetonten Einstellung. Ich habe von beiden viel übernommen und war von Kindheit an davon überzeugt, dass die Welt und unser Leben von Gott gewollt, geliebt und getragen ist – zugleich ist mir von meinem Jugendalter an ein nüchterneres Denken selbstverständlich, was übernatürliche Vorgänge und auch was Widersprüche in der Bibel angeht. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir von Gott nur in menschlichen Bildern sprechen können, da er viel größer ist als alles menschliche Denken.

→ „Gottes Allmacht“

Deine Vorstellung von Gott als einem Machthaber, der beliebig Naturgesetze erlässt und außer Kraft setzt, greift in meinen Augen zu kurz: Erkennen kann ich nur bruchstückhaft ein Universum mit Regeln, die wir als Naturgesetze begreifen (aber nie vollständig erfassen werden), die allerdings – so weit ich es überblicke – jedenfalls heute nicht einfach von Gott aus heiterem Himmel außer Kraft gesetzt werden – von daher hilft es niemandem, anzunehmen, dass Gott das vielleicht in biblischen Zeiten noch so gemacht hat.

Und deiner Vorstellung, dass Gott Gerechtigkeit und Recht üben muss, um seine Thronesmacht nicht zu gefährden, widerspreche ich entschieden: Nach meinem Verständnis der Bibel ist Gottes Allmacht die Macht der Liebe selbst, zu der sein Wille zur Gerechtigkeit, zum Recht, zur Barmherzigkeit (alles in eins) wesentlich dazu gehört – und diese Macht ist durch keine andere Macht im Universum und darüber hinaus gefährdet.

S. P.: Es werden allmählich immer mehr Argumente, die mich zwingen, selber auch mehr zu schreiben, als mir lieb wäre:

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche“

Ist man denn in Deinen Augen unnüchtern, wenn man an „übernatürliche Vorgänge“ glaubt? Gott selbst ist übernatürlich, ebenso Christus und die Engel, sowie Satan, das ewige Leben etc. Doch auch scheinbar natürliche Dinge sind mit rein naturwissenschaftlichen Methoden nicht erklärbar, z.B. das Leben oder die Liebe. Und die Widersprüche in der Bibel lassen sich alle auflösen, wenn man die Bibel nur gut genug kennt.

→ „Offenbarung“

Offensichtlich gehst Du aber bei der Heiligen Schrift nicht von einer Offenbarung Gottes aus, sondern nur von einem menschlichen Erklärungsversuch. Dein Satz „Gott ist viel größer“ klingt fromm, ist aber ein Deckmantel für Unglauben. Das erinnert mich an König Ahas, wie er scheinbar fromm das Angebot Jesajas ablehnte, von dem HErrn ein Zeichen zu erbeten mit der scheinheiligen Begründung, er wolle Gott ja nicht versuchen. Die höchste Form des Unglaubens ist es, wenn man ihn theologisch zu begründen vermag.

→ „Gottes Allmacht“

Dass Gott ein „Machthaber“ sei, der „beliebig Naturgesätze erlässt und wieder außer Kraft setzt“, habe ich nicht behauptet, sondern nur, dass Er es kann, es schon getan hat und ein Recht dazu hat.

Dass Gerechtigkeit und Gericht die Grundfeste der Thronesmacht Gottes sind, habe ich mir nicht ausgedacht, denn das sagt ja das Wort Gottes (Psalm 89:14, 97:2). Aber das leuchtet mir auch völlig ein: Wenn Gott ungerecht wäre, könnte Sein Reich nicht mehr bestehen, ebenso wenig, wenn Er nicht eines Tages richten würde.

H. S.: Ja, es ist schwierig zu vermeiden, dass sich die Argumente verzweigen…

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche“

„Nüchtern“ heißt für mich, dass ich den Glauben an die Außerkraftsetzung der Naturgesetze durch Gott als nicht notwendig für den christlichen Glauben verstehe – ich frage mich z. B.: wie sollte im Tal Ajalon, wortwörtlich verstanden, die Sonne stillgestanden haben, d.h. die Erde ihren Lauf um die Sonne zeitweise unterbrochen haben, ohne dass dabei eine weltweite Katastrophe eingetreten wäre?

Jesus ist kein übernatürliches Halbgottwesen, wie es sich die altorientalische Göttermythologie vorstellte, sondern ganz wahrer Gott, indem er zugleich ganz wahrer Mensch ist.

→ „Evolution“

Liebe ist nicht übernatürlich, wenngleich nicht wissenschaftlich erklär- oder fassbar und das Wunderbarste, was es überhaupt gibt.

Und das Leben ist ebenfalls wunderbar, aber seine Entstehung kann ich mir durchaus als Ergebnis einer Evolution vorstellen – Gott schafft, indem er sich evolutionärer Mittel bedient.

→ „Offenbarung“

Die Bibel ist nicht wortwörtlich inspiriertes Diktat von Gott, enthält aber – verpackt in menschliche Worte – das uns vom Heiligen Geist offenbarte Wort der Liebe Gottes. Erklärungsversuche beziehen sich darauf, das Geschenk des göttlichen Segens mit Hilfe des Heiligen Geistes aus den menschlichen Worten auszupacken. Muss es übrigens wirklich sein, dass du mir theologisch verbrämten Unglauben vorwirfst?

→ „Gottes Allmacht“

Ich bestritt nicht, dass Gerechtigkeit und Recht die Grundfesten von Gottes Macht sind, sondern deine Aussage, dass Gott Gerechtigkeit und Recht ZU DEM ZWECK üben müsse, seine Thronesmacht nicht zu gefährden.

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche“

S. P.: „Nicht erforderlich für den Glauben“? Ich kenne einen Bruder, der sich seit drei Jahren nur von Wasser und Brot ernährt mit der Begründung, dass es „nicht erforderlich“ sei, auch noch andere Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, um am Leben zu bleiben. Mal unabhängig von der Frage, ob diese These zutrifft oder nicht, macht sie doch eines deutlich: dass nämlich eine solche Vermeidungshaltung auf Dauer verarmend und verkümmernd wirkt. Hast Du nicht gesagt, dass Gott „viel größer“ sei als unser menschliches Denken? Warum sollte Er dann nicht auch Mittel und Wege finden können, die Sonne still stehen zu lassen, um Seinen Plan zur Ausführung zu bringen?

→ „Evolution“

Unter „übernatürlich“ verstehe ich alle Phänomene, die zwar von uns Menschen erfahrbar, aber auch grundsätzlich nicht erklärbar sind, weil sie sich einer naturwissenschaftlichen Methodik entziehen. Zu denen zähle ich nicht nur die Liebe, sondern auch das Leben oder die Intelligenz, da es sich bei all diesen um nicht-materielle, sondern geistige Größen handelt.

→ „Offenbarung“

Du möchtest eine Trennung sehen zwischen dem „Wort Gottes“ und der menschlichen Überlieferung desselben, so als ob der Bote sich die Freiheit herausnehmen durfte, das Geschenk in eine ganz untaugliche Verpackung zu transportieren, z.B. einen Liter Farbe in eine Papiertüte, um dadurch die als Widersprüche wahrgenommenen (aber in Wirklichkeit nur nicht verstandenen) Teile in der Heiligen Schrift zu erklären. Pakete werden aber i.d.R. NICHT vom Zusteller verpackt, sondern vom Sender, der auch die Verantwortung trägt, damit das Paket unbeschadet den Empfänger erreicht.

→ „Gottes Allmacht“

Die Metapher von der Gerechtigkeit als Grundfeste eines Thrones nimmt aber direkt Bezug auf deren Anwendung. Nur wenn ein König auch selbst Gerechtigkeit verübt, kann sein Thron fest bestehen (Sprüche 16:12). Deshalb sind ja auch am Ende alle anderen Königreiche gefallen, weil sie ihre Gerechtigkeit nicht dauerhaft verübt hatten.

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche

H. S.: Mein Denken, Fühlen und Glauben verkümmert nicht dadurch, dass ich darauf verzichte, im Dialog mit meinem inneren Naturwissenschaftler oder Historiker herauszufinden, wo die Bibel möglicherweise historisch irrt bzw. nicht auf der Höhe der inzwischen erreichten wissenschaftlichen Welterklärung ist, und DENNOCH die wunderbarsten Erzählungen, Gebete, Lieder, Metaphern etc. bereitstellt, um Glauben, Hoffnung und Liebe aufzubauen und zu stärken. Vielleicht ist dein Vergleich mit der Wasser-und-Brot-Ernährung ganz hilfreich: Ich z. B. verzichte seit 18 Jahren auf allzu viele Kohlenhydrate im Essen und trinke nur Wasser, grünen Tee (und beim Kirchencafé mal einen Milchkaffee) und halte dadurch ohne Medikamente meine Insulinresistenz im Griff, würde aber nicht meine Ernährung irgendjemand anderem vorschreiben wollen.

→ „Evolution“

Die Entstehung des menschlichen Gehirns als Träger des menschlichen Bewusstseins, der Gefühle etc. halte ich als evolutionären Vorgang für grundsätzlich erklärbar (wenn er auch in seiner Komplexität von Menschen sicher nie vollständig erfasst werden wird). Das Hervortreten von Gefühlen in lebenden Wesen, von Liebe, Intelligenz, Bewusstsein im menschlichen Geist bleibt auch für mich ein unerklärbares Wunder. Ich bin aber dagegen, Gott als Lückenbüßer für naturwissenschaftlich noch nicht vollständig erklärte, aber grundsätzlich erklärbare Vorgänge zu missbrauchen.

→ „Offenbarung“

Deine Metapher mit dem Paketboten greife ich gerne auf. Gott selbst ist es doch, der seine Offenbarung in scheinbaroft ganz untauglicher Verpackung zu uns sendet: er beruft den sprachunbegabten Mose, den Jeremia, der zu jung, die Sara, die zu alt ist. Paulus sagt, dass das Wort vom Kreuz den Juden als Ärgernis, den Griechen als Torheit erscheint. Jesus als Mensch wird mit dem „allerverachtetsten unter den Menschen“ verglichen. Für mich ist es gerade die Stärke der Bibel, dass der Heilige Geist in ihr auch widersprüchliche menschliche Überlieferungen zum Transport der Offenbarung zu uns Menschen nutzt. Dir müsste eigentlich der Koran mehr liegen, da er ja im Unterschied zur Bibel ausdrücklich als Diktat Gottes durch den Engel Gabriel an Mohammed verstanden wird.

→ „Gottes Allmacht“

Ich verstehe und akzeptiere, worauf du hinauswillst.

→ „Naturgesetze und das Übernatürliche“ → „Beliebigkeit“

S. P.: Glaube ist sicherlich etwas sehr Persönliches, erst recht, wenn man ihn an den Bedürfnissen jedes einzelnen messen wollte. Wenn ich allerdings von einer „Verarmung“ des Glaubens sprach, wenn man ihn unter dem Vorbehalt und Maßgabe der Naturwissenschaftlichkeit üben müsse, ist dies noch eine Untertreibung. Denn „auch die Dämonen glauben und zittern“ (Jakobus 2:19). Es geht also nicht um irgendeinen Glauben, sondern um den „Glauben unseres HErrn Jesus Christus“ (Jakobus 2:1). Der Begriff „Glaube“ ist ja nicht geschützt, ebensowenig wie die Bezeichnung „Gott“. Jeder kann sich irgendeinen Glauben zusammenbasteln, ohne dass dieser ihn deshalb zum wiedergeborenen Christen im biblischen Sinne qualifiziert. Aber selbst in den natürlichen Dingen wie z.B. einer Liebesbeziehung, in welcher sich jeder nur das nimmt, was er braucht und nebenbei fremd geht, leuchtet uns ein, dass eine solche niemals intensiv genug ist, um auf Dauer zu bestehen.

→ „Evolution“

Bei der Frage der wissenschaftlichen Erklärbarkeit des Lebens, Fühlens oder Denkens bist Du auf die Taschenspielertricks der Evolutionisten hereingefallen. Sie wollen den Menschen weismachen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, dass man mit naturwissenschaftlicher Methodik den Geist als Teil der Materie erklären könne. Tatsächlich aber liegt in dieser Unmöglichkeit zugleich auch die entscheidende Widerlegung der Evolutionstheorie.

→ „Offenbarung“

Mit voller Absicht hat sich Gott – nach menschlichen Maßstäben -„untaugliche“ Werkzeuge erwählt, aber nur deshalb, um sie tauglich zu machen, und nicht damit diese dann Seine Botschaft zu einer untauglichen zu machen. Der HErr stellt in Seinen Meisterbetrieb auch vormals kriminelle Lehrlinge ein, aber nicht, um später Seine Kunden von diesen bestehlen zu lassen, sondern Er macht aus ihnen ehrliche und tüchtige Handwerker.

→ „Beliebigkeit → „Vielfalt des Glaubens“

H. S.: Du hast Recht, dass in Glaubensfragen keine völlige Beliebigkeit herrschen kann; auch ich bin zeitlebens darum bemüht, nach bestem Wissen und Gewissen meinen Glauben am Wort der Schrift zu messen und bitte dabei um Gottes Heiligen Geist, das Gotteswort aus ihrer menschlichen Verhüllung in rechter Weise auszupacken. Ich bleibe aber dabei, dass es schon in der Bibel eine Glaubensvielfalt gab und dass diese unvermeidbar ist. Jakobus will ja an der von dir zitierten Stelle darauf hinaus, dass Theologen wie Paulus auf die Werke als Folge des Glaubens zu wenig Wert legen und wirft im Grunde Paulus vor, dass sein Glaube tot sei.

→ „Evolution“

Bei der Evolutionstheorie steht jetzt einfach Aussage gegen Aussage. Aber mich interessiert, ob du auch die Schöpfungserzählungen und Schöpfungslieder und -gedichte der Bibel 1:1 als naturwissenschaftlich-historische Aussagen verstehst, die durch keine weitere Entwicklung der Wissenschaft widerlegt werden können. Waren die Schöpfungstage 24 Stunden lang? Hat Gott durch sein Wort Adam und Eva nach den Tieren geschaffen oder hat er schon vor den Tieren Adam buchstäblich aus Lehm geknetet? Hat Sophia ihm, wortwörtlich genommen, dabei zugesehen und vor ihm gespielt? Etwas später: Wenn die Bibel in allen Teilen ein historisches Buch ist, wieso erklärt sie nicht, mit welchen Menschen Kain im Land Nod eine Familie gründen und eine Stadt aufbauen konnte – und und und…?

→ „Offenbarung“

Dem stimme ich voll zu, zumal ich dankbar dafür bin, dass ich mit meinen wahrhaft unvollkommenen Mitteln wohl schon einige Male Menschen zum Segen werden konnte, die seelsorgerliche Hilfe brauchten. Du würdest vielleicht bestreiten, dass ich auch mit meinen Predigten Segen verbreiten könnte, aber das entscheiden nicht wir beide. Für mich bleibt jedenfalls Gottes Wort ein „Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns“ (2. Korinther 4, 7).

→ „Vielfalt des Glaubens“

S. P.: Dass es angeblich einen Widerspruch gäbe zwischen der Lehre des Paulus und der des Jakobus ist ein „alter Hut“, den sich die protestantische Theologie ausgedacht hat, weil sie nicht den Unterschied zwischen Bekehrung und Nachfolge verstanden hat. Für den Moment der Bekehrung, von dem Paulus z.B. in Röm. 3 spricht, sind gute Werke nicht erforderlich, sondern eher „hinderlich“, da unsere Rechtfertigung und Annahme allein durch das vollkommene Werk Jesu am Kreuz geschehen kann; aber in der Nachfolge sind gute Werke („Früchte“), die Gott in uns wirkt, sogar der eigentliche Sinn und Zweck unserer Errettung (Johannes 15:16). Dies hat auch Paulus immer wieder betont in all seinen Briefen (Römer 15:18, 1. Korinther 3:13-15, 15:58, 2. Korinther 9:8, Epheser 2:10, Kolosser 1:10, 3:17, 1. Thessalonicher 1:3, 2. Thessalonicher 2:17, 1. Timotheus 2:19, 5:10, 6:18, 2. Timotheus 2:21, 3:17, Titus 2:7+14, 3:1+8+14). „Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, auf daß er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich selbst ein Eigentumsvolk, EIFRIG in guten WERKEN…. Ich will, daß du auf diesen Dingen fest bestehst, auf daß die, welche Gott geglaubt haben, SORGE TRAGEN, gute WERKE zu betreiben.“ (Titus 2:14, 3:8). Fazit: Es gibt NUR EINEN ECHTEN BIBLISCHEN GLAUBEN, der aber auch Werke hat.

→ „Evolution“

Gott konnte ohne Weiteres die Welt in buchstäblich 24 Stunden erschaffen (ob Er es auch tat oder die 6 Tage für 6 längere Zeiträume stehen, ist eine andere Frage). Die sog. „Kambrische Explosion“ widerlegt eine stufenweise Evolution aber genauso wie die Existenz der Giraffe (und vieler anderer Tiere), da es für diese nachweislich keine fossilen Vorstufen gab. In welcher Reihenfolge Gott Mensch und Tier am sechsten Tag erschuf, ist irrelevant, und die Redeweise „aus Staub bilden“ meint letztlich nur, dass er anorganische Materie zu lebendigen Organismen bildete. Die Weisheit, die nach Sprüche 8 alles erschuf, ist der HErr Jesus selbst (1. Korinther 1:30), durch den alles geschaffen wurde (Johannes 1:3, Kolosser 1:16).

→ „Blutlinie“

Und ob Gott zusätzlich zu Adam auch später noch andere Menschen erschuf (auf anderen Erdteilen), ist nicht überliefert, aber durchaus denkbar. Trotzdem gibt es aber nur eine Blutlinie, die bei Adam beginnt.

→ „Offenbarung“

Bei den „irdischen Gefäßen“ (Mehrzahl!) in 2. Korinther 4:7 geht es nicht um die Bibel, sondern um „unsere irdischen Leiber“ (V.11), die noch erkranken und sterben können.

→ „Vielfalt des Glaubens“

H. S.: Bis auf dein pauschales Urteil über „die“ protestantische Theologie im ersten Satz gebe ich dir Recht. Jakobus und Paulus repräsentieren zwei unterschiedlich akzentuierte Glaubensweisen, die sich letztlich ergänzen – über die es aber trotzdem schon in der urchristlichen Zeit heftigen Streit gab. Aber eigentlich ging es hier ja um die Frage, ob es für den christlichen Glauben notwendig ist, auch z.B. an übernatürliche Wunder zu glauben. Dir fällt das leicht; ich sehe keine Notwendigkeit, mich dazu nötigen zu lassen. Können wir das nicht einfach nebeneinander stehen lassen?

→ „Evolution“

Die Theorie der Evolution dadurch zu falsifizieren, dass man für viele Tierarten keine fossilen Vorstufen gefunden hat, scheint mir unmöglich. Eine gewisse Einigkeit mit dir entdecke ich darin, dass auch du die Erschaffung des Menschen aus Staub als Metapher betrachtest und die Unterschiede verschiedener Erzählungen von der Schöpfung für unerheblich hältst. Die Weisheit, die nach Sprüche 8 dabei war, als Gott alles schuf, kann auch ich mit der liebevollen Weisheit identifizieren, die sich in Jesus verkörperte (letzten Sonntag habe ich über die Sophia gepredigt).

→ „Blutlinie“

Aber was meinst du damit, dass es nur eine „Blutlinie“ gab, die bei Adam anfängt?

→ „Offenbarung“

Das mag sogar sein, aber unmittelbar bezieht sich Paulus ja auf seine Predigt „von der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi“ – und im Kapitel zuvor hat er die menschlich unvollkommenen Korinther als lebendigen „Brief Christi“ bezeichnet, der „von allen Menschen“ gelesen werden kann (3:2-3). Aber wir werden uns hier wohl nicht einigen, sondern können wohl nur feststellen: Du siehst es so – ich sehe es anders.

→ „Vielfalt des Glaubens“

S. P.: Selbstverständlich kann man Deinen – unter dem Vorbehalt der Naturwissenschaftlichkeit stehenden – Glauben auch „stehenlassen“. Es gibt ja auch vieles andere, was man lieber „stehen lässt“ im Schrank, z.B. Weinflaschen, Schoko-Osterhasen oder Bibeln, um sie lieber von außen anzuschauen, anstatt sie in sich aufzunehmen ? Genauso kann man sich auch einen Glauben „ins Regal stellen“, dessen unvorstellbare Möglichkeiten einem für immer verschlossen bleiben, wenn man nicht an seine umfangreiche Anwendbarkeit glaubt.

→ „Evolution“

Ich habe mit Interesse Deine Predigt gelesen. Das hebräische AMON (Sprüche 8:30) kann man wohl am besten mit „(treuer) Werkmeister“ übersetzen. Aber was hätte der HErr Jesus denn an der Schöpfung zu werkeln gehabt, wenn sie doch in Wirklichkeit angeblich von ganz alleine entstanden sein soll in 4,6 Milliarden Jahren? Da es ja in der Ideologie der Evolution keine Zielgerichtetheit geben kann, können die Evolutionsgläubigen ja heilfroh sein, dass bei all dem chaotischen Treiben am Ende doch so ein gut funktionierendes Design dabei entstanden ist (Ironie off). Es bedurfte nach der Evolutionstheorie aber auch gar keiner „Weisheit“, um diese voranzubringen, sondern im Gegenteil ist die Weisheit ja selber ein Produkt der Evolution, die erst vor rund 3.000 Jahren allmählich entstanden sein soll. Übrigens ist auch der monotheistische Gott in dieser agnostischen Geschichtserzählung angeblich erst vor etwa 10.000 Jahren entstanden. Man muss sich also als Christ entscheiden, ob man sich auf diesen Unsinn ganz – oder gar nicht – einlassen will, denn sonst gleicht man einem Vegetarier, der sich aus dem Eintopf jedes einzelne Fleischstück herauspickt, damit er es essen kann.

→ „Blutlinie“

Mit der „Blutlinie“ bezog ich mich auf Apostelgeschichte 17:26 „Und Er hat aus einem Blute jede Nation der Menschen gemacht, um auf dem ganzen Erdboden zu wohnen…“

→ „Vielfalt des Glaubens“

H. S.: Hattest du nicht zum Zweck unseres Austausches geschrieben: „Dabei sollte es nicht nur darum gehen, den jeweils anderen von seinem eigenen Standpunkt zu überzeugen zu suchen (was wohl sehr schwierig sein dürfte), sondern auch darum, dass wir am Ende wenigstens ein besseres Verständnis für die Position des anderen gewonnen haben“? Hier fühle ich mich von deiner Ironie insofern verletzt, als du mir offenbar nicht zubilligst, dass ich meinen eigenen Glauben ernstnehme, sondern ihn wie eine verstaubte Konfirmandenbibel im Regal stehen lasse. Du musst nicht meine Art zu glauben im Dialog mit etwa den Naturwissenschaften übernehmen, aber kannst sie respektieren, indem du anerkennst, dass für mich auch mein Glaube unvorstellbare Möglichkeiten in sich birgt – bzw. dass auch ich Gott unvorstellbar große Wunder zutraue (wenn auch in anderer Weise als du).

→ „Evolution“

Deine Metapher mit dem Vegetariereintopf (wobei du vermutlich meinst, dass der Vegetarier jedes Fleischstück aussortiert, nicht um „es“, also das Fleisch, sondern den Rest der Suppe essen zu können) finde ich gar nicht so unpassend. Wenn ich denke, dass Fleisch mir nicht gut tut, warum sollte ich mich zwingen, es zu essen? Und wenn in dem von Menschen überlieferten Gotteswort der Bibel auch unverdauliche Brocken drin sind, warum sollte ich sie nicht an den Rand des Tellers legen, statt sie mit herunterzuwürgen? Ich weiß, ich begebe mich auf dünnes Eis – denn ich bin mir bewusst, dass mein Glaube zerbrechlich ist, nur gehalten durch den Geist Gottes selbst, ich habe ihn nicht selbst in der Hand.

Also im Klartext: Nicht der historische Mensch Jesus hat an der Schöpfung mitgewerkelt. Aber die Weisheit Gottes, die sich in Jesus verkörpert hat, ist in den Milliarden Jahren der Entstehung des Universums auf wunderbare Weise am Werk gewesen – indem (wie du genau richtig anmerkst!) aus scheinbar chaotischem Treiben so wunderbare Geschöpfe wie die Dinosaurier, die Giraffen oder wir Menschen hervorgegangen sind – von denen wir Menschen sogar ein Gehirn geschenkt bekommen haben, das mit seinem Bewusstsein einen Widerschein des Geistes Gottes enthält und sich im Glauben als Geschöpf und Gegenüber und Abbild der Liebe Gottes begreifen kann.

Und nicht etwa der Eine Gott ist erst im Laufe der menschlichen Geschichte entstanden, sondern unsere menschlichen Gedanken über Gott haben sich im Laufe der Geschichte entwickelt. Sicher, ein Atheist würde sagen (angelehnt an Terry Pratchett): „In dem Augenblick, in dem Gott erfunden wurde, war er schon immer da.“ Ich sehe darin nicht ein Er-Finden, sondern ein Finden Gottes und noch besser ein Gefundenwerden von dem Einen Gott, den zu beschreiben alle unsere menschlichen Gedanken und Bilder nicht ausreichen.

→ „Blutlinie“

Für Apostelgeschichte 17:26 fehlt in den meisten Handschriften das Wort „Blut“; Luther 1545 und 1912 hatte noch übersetzt „aus einem Blute“; die Elberfelder übersetzt sehr wörtlich: „er hat aus einem jede Nation der Menschen gemacht, daß sie auf dem ganzen Erdboden wohnen“. Gemeint ist ganz klar, dass es keine Menschen auf der Welt gibt, die nicht von Adam abstammen. Von daher bleibt (wenn du die Urgeschichte am Anfang der Genesis historisch verstehen willst) die Frage: Woher kam Kains Frau, woher kamen die Bewohner seiner Stadt in Nod, wenn sie nicht von Adam abstammen?

Meine Haltung ist: diese Fragen sind unerheblich, weil es eben Erzählungen sind, die Aufschluss geben über das Menschsein vor Gott, den Menschen und seinen Bruder, den Menschen in der Verantwortung für das ihm anvertraute Stück der Schöpfung Gottes.

→ „Vielfalt des Glaubens“

S. P.: Dass Du Deinen Glauben ernst nimmst, daran habe ich keine Zweifel, aber ich bezweifle, dass Du die Heilige Schrift ernst nimmst. Denn wenn ich Dich richtig verstanden habe, betrachtest Du die Bibel ja nur als fantasiereichen Historienroman, in den jeder hineininterpretieren kann, wonach ihm gerade zumute ist, mit der einzigen Einschränkung, dass niemand aus ihr eine Allgemeinverbindlichkeit ableiten dürfe. Wenn ich häufig provoziere in meinen Wiedergaben, dann wirklich nicht mit der Absicht, Dich zu verletzen, sondern allein zum Zwecke, Gedankenanstöße „hervorzurufen“ (lat. provocare). Sollten meine Worte dabei an der erforderlichen Wertschätzung für Dich ermangelt haben, bitte ich Dich aufrichtig um Vergebung.

→ „Wahrheit oder Lüge“

Wenn ich einen Brieffreund hätte, der mir ständig von völlig unglaubwürdigen Erlebnissen berichten würde, käme ich nicht auf die Idee, seine Lügen als Metapher von irgendetwas zu deuten, sondern würde ihn fragen, warum er nicht bei der Wahrheit bleibt. Wenn er jedoch darauf besteht, die Wahrheit gesagt zu haben, würde ich es so lange prüfen, bis ich völlige Gewissheit habe, dass er mich doch nicht angelogen hat. Würde ich jedoch seine Spinnereien einfach ignorieren, dann würde ich meinem Freund nicht die Ehrlichkeit und den Ernst entgegenbringen, den er verdient hätte. Und so sehe ich es auch in Bezug auf die Bibel: Ihre Autoren sind weder Lügner, noch Spinner oder Fantasten, und auch keine Codierer einer Geheimsprache für eingeweihte Theologen; sondern sie sind gottesfürchtige und verantwortungsbewusste Aufschreiber dessen gewesen, was sie selbst gesehen und gehört haben.

→ „Evolution“ → „Politik“

Mit dem Eintopf-Vergleich bezog ich mich ja nicht auf die Bibel sondern auf die Evolutionstheorie. Aber Du pickst Dir aus beiden heraus, was Dir gefällt und verwirfst den Rest. Dadurch aber nimmst Du weder die Bibel noch die Evolutionstheorie ernst. Wärest Du Mitglied einer politischen Partei, würdest Du Ärger bekommen, wenn Du im Parlament gelegentlich den Standpunkt der gegnerischen Partei verteidigen würdest. „Kann etwa, meine Brüder, ein Feigenbaum Oliven hervorbringen, oder ein Weinstock Feigen? Auch kann Salziges nicht süßes Wasser hervorbringen“ (Jakobus 3:12).

Die Evolutionstheorie verwirft das Einwirken eines göttlichen Designers, der die Arten auf ein bestimmtes Ergebnis hin entwickelt. Nach der reinen Lehre der Evolutionstheorie gibt es nur ungeordnete Zufallsprozesse in alle Richtungen. Wollte man also den Kreationismus mit der Evolutionstheorie in Einklang bringen, könnte man diesen Versuch ebensogut mit einer Koalition der Grünen mit der NPD vergleichen.

→ „Blutlinie“

Vieles mag zwar von untergeordneter Bedeutung sein, aber wenn Gott es für wert erachtete, in der Bibel erwähnt zu werden, sollte es uns auch interessieren. „Es ist Gottes Ehre, eine Sache zu verbergen, aber die Ehre der Könige, eine Sache zu erforschen“ (Sprüche 25:2). Wenn Kain eine „Stadt“ erbaute, war dies sicher nicht eine wie Gießen, sondern eher ein winziges Kaff von max. 10 Häusern, in denen seine Kinder und Enkel wohnten.

→ „Vielfalt des Glaubens“

H. S.: Danke für deine Klarstellung – deine Provokation hat mich halt getroffen – und zwar, wie ich meinte, zu Unrecht. Allerdings sind wir darüber ja auch gerade uneinig. Ich jedenfalls denke, dass ich die Heilige Schrift durchaus ernst nehme: nämlich als ein Sammelwerk verschiedenster Geschichten, Gedichte, Briefe, Abhandlungen über die Erfahrungen, die Menschen mit dem Einen Gott Israels gemacht haben. Heilig ist die Bibel dadurch, dass es dem Heiligen Geist gelingt, diese so unterschiedlichen Texte immer wieder neu zu Menschen von Zeitalter zu Zeitalter sprechen zu lassen und in ihnen Glauben, Hoffnung und Liebe zu wecken.

→ „Wahrheit oder Lüge“ → „Beliebigkeit“

Eine Vielfalt der Interpretation halte ich dabei durchaus für vertretbar, allerdings keine absolute Beliebigkeit – die Frage ist nur: Wer verhindert Beliebigkeit? Für die katholische Kirche ist es der Papst. Für Martin Luther war es das Kriterium: „Was Christum treibet“. Für mich kann es nur der Geist Gottes selber sein, der an den Früchten derer zu erkennen ist, die sich von ihm leiten lassen. Dein Gleichnis von lügnerischen Brieffreund legt nahe, dass es für dich die Vorgabe ist: Die Bibel muss wortwörtlich faktisch und historisch wahr sein, sonst ist sie von vorne bis hinten Lüge.

→ „Blutlinie“

Nehmen wir nochmal die Sache mit Kain, seiner Frau und seiner Stadt. Wäre die Bibel wortwörtlich historisch wahr, dann dürfte Kain im Land Nod nicht einmal eine einzige Frau gefunden haben (und nach ihm Lamech weder Ada noch Zilla), denn nach der Apostelgeschichte stammen alle Menschen von Adam ab. Dass du ein Problem bekommst mit deiner Vorgabe, zeigt sich schon daran, dass du aus einer Stadt ein Kaff machen musst, dass du keine Widersprüche zwischen Geschichten stehen lassen kannst, sondern alles harmonisieren musst.

→ „Politik“

Nicht überall gibt es Gemeinsamkeiten und nicht überall ist ein Schwarz-Weiß-Denken am Platz. Ich sprach letztens mit einem hessischen CDU-Staatssekretär, der durchaus den Sachverstand eines frischgebackenen SPD-Landtagsabgeordneten schätzte. Mit den menschenverachtenden politischen Lösungen der AfD würde ich aber keinen Kompromiss eingehen – auch wenn manche ihrer kritischen Anfragen ernst zu nehmen sind.

→ „Evolution“

Aber zurück zu unserem Thema: Ich vertrete weder eine reine Lehre der Evolutionstheorie noch einen Kreationismus. Naturwissenschaftlich überzeugen mich viele Ansätze der Evolutionstheorie (die sich seit Darwin ja auch erheblich entwickelt hat); Antwort auf Glaubensfragen kann sie aber nicht bieten, nämlich auf die Fragen „Wozu gibt es überhaupt die Welt?“ „Woher kommt der Geist, der in ihr steckt?“ „Gibt es Hoffnung für Menschen, die in dieser Welt leben?“

→ „Vielfalt des Glaubens“

S. P.: Ähnlich wie ein Haus braucht auch der Glaube ein stabiles Fundament (Matthäus 7:24-27). Als die Großkirchen noch an die unverbrüchliche Wahrheit des Wortes Gottes glaubten, waren die Kirchen noch bis auf den letzten Platz voll, und zwar Sonntag für Sonntag. Seit aber die Theologen von dieser über Jahrhunderte geltenden Wahrheit abrückten, verloren die Menschen ihren Glauben und bleiben heute den Kirchen fern. Nur noch 26 % der Bevölkerung gehören heute der Evangelischen Kirche an (1970 waren es noch 48 %), und von diesen sind die meisten auch nur noch Karteileichen. Wäre die Mitgliedschaft in einer Volkskirche nicht durch die Babytaufe halb erzwungen und automatisiert, wären nach zehn Jahren wahrscheinlich nur noch 1 % der Bevölkerung Mitglied in einer der beiden Großkirchen.

Das Wort „heilig“ bedeutet im biblischen Sinn „abgesondert“, d.h. „allein für Gott bestimmt“. Wenn es nur darum ginge, dass die Bibel „den Menschen anspricht“, dann wäre Hollywood, Netflix oder die ganzen PC-Spiele heute noch viel heiliger als die Bibel. Der eigentliche Unterschied besteht in ihrer unveränderlichen Gültigkeit [übrigens bedeutet das griechische Wort KYRIOS eigentlich wörtlich „GELTENDER“, d.h. der „(allein) Geltung hat“, von KYRIA = die allgemein GELTENDE (Dienstordnung) Lukas 10:31].

ER selbst ist das unverwesliche „Wort Gottes“ (Offenbarung 19:13). Und allein dieses Wort Gottes hat die Kraft, einen Menschen wirklich zu verändern. Es ist „siebenmal geläutert“ (Psalm 12:6) Und damit unverfälscht (1. Petrus 2:2). Wäre sie nur vom menschlichen Geist inspiriert, hätte sie nicht über 2000 Jahre bestehen können, sondern wäre schon in den ersten Jahrhunderten als fehlerhaft verworfen worden.

→ „Blutlinie“

Kain lebte wohl mehrere Hundert Jahre und hatte somit genug Zeit, mehrere Dutzend Kinder zu zeugen, um eine Ortschaft zu gründen, ob nun mit 30 oder 300 Einwohnern. Seine Frau war damals entweder eine der Töchter Adams bzw. Seths oder aber eine Tochter jener Menschen, die Gott möglicherweise nach Adam erschuf. Wo ist also das Problem?

→ „Politik“

Obwohl ich mit dem National-Egoismus der AfD nicht einverstanden bin, halte ich sie noch für die christlichste von allen Parteien:

– Sie vertreten die biblische Schöpfungsordnung, nach der der Mann das Geld verdienen und die Frau sich um die Kinder und häusliche Arbeit kümmern soll,

– Sie lehnen die Vermischung der Geschlechter ab (wie sie die Grünen durch den Gender-Wahn anstreben) und ebenso auch die Frühsexualisierung.

– Sie lehnen ebenso kategorisch die Ermordung von ungeborenen Kindern ab.

– Sie fördern die Wirtschaft der 3. Welt-Länder indirekt, indem sie nicht zulassen, dass die wertvollen Arbeitskräfte durch falsche Versprechen und Anreize ihre Heimatländer noch weiter schwächen und ihr weniges Geld den korrupten Schlepperbanden aushändigen.

→ „Evolution“

Was die Evolutionstheorie angeht, so hast du es immer noch nicht verstanden: sie gründet sich auf der Idee einer fehlenden Zielgerichtetheit und schließt deshalb von vorneherein die Wirkung eines Schöpfers aus. Ein „bisschen Evolution“ und ein „bisschen Schöpferglaube“ kann man also genauso wenig miteinander vermengen wie Wasser und Öl.

→ „Vielfalt des Glaubens“

H. S.: Ich verstehe dein Beharren auf einer als einfache wortwörtliche feststehende Wahrheit der Schrift. Ich blicke auch manchmal fast etwas neidisch (mea culpa) auf die größere Zahl der Besucher der Stadtmissionsgottesdienste, wenn ich an der Stadtmission vorbei zur kleineren Versammlung in der Kirche meiner landeskirchlichen Gemeinde gehe (trotzdem ist mein Kontakt zur Stadtmission insofern eng, als ich an einem Arbeitskreis „Politik und Junge Geschichte“ in der Stadtmission teilnehme, dessen Leiter selber den Grünen angehört und dessen Mitglieder aus verschiedenen Gemeinden kommen). Aber die große Zahl von Menschen, die einer Sache zustimmen, beweist noch nicht deren Wahrheit.

Ob die Großkirchen übrigens wirklich zu allen Zeiten voll waren, ist auch nicht ganz sicher; ich meine, schon Luther hätte über mangelnden Kirchenbesuch geklagt, und wenn sie voll waren, vielleicht auch wegen eines sozialen Drucks. Und ich vermute mal, dass du nicht mit den Praktiken der Großkirchen einverstanden bist, durch die Servet oder Bruno auf den Scheiterhaufen gelangten.

Du missverstehst mich übrigens, wenn du meinst, dass ich mir die Bibel nach dem Geschmack der Menschen zurechtbiegen möchte. Schon in der Bibel selber verändert der Heilige Geist die Art, wie Menschen angesprochen werden – und bleibt doch in seinem Wesen der gleiche Gott der Liebe, um es mal ganz abgekürzt zu sagen.

Hast du deine Deutung des Wortes KYRIOS wieder von Baader? In Lukas 10,31 steht KATA SYNKYRION, was gängig mit Zufall übersetzt wird, in der Septuaginta bezieht sich ein entsprechender Wortstamm SYNKYREOO auf die umgebenden Gebiete von Städten. Trotzdem mag das Wort KYRIOS von der Bedeutung „Geltung“ herkommen, es heißt ja im Altgriechischen schlicht „Herr“ oder „Herrscher“ und wird im Alten Testament auf Gott und im Neuen Testament mit Gott zusammen auf Jesus bezogen (kann aber auch für menschliche Herren oder als Anrede an Männer verwendet werden). Im Blick auf unsere Diskussion beweist die Bedeutung dieses Wortes nichts.

→ „Politik“ → „Frauenrechte“

Im Blick auf die AfD halte ich dir deine eigene Argumentation bezüglich Jakobus 3,12 vor. Du kannst ihre von dir als christlich bezeichneten Anliegen nicht haben ohne ihren Nationalismus/Rassismus.

Zur Schöpfungsordnung der Bibel nur eine kurze Nachfrage, ob in deinen Augen damit Lydia (Apostelgeschichte 16:14) als Purpurkrämerin und Leiterin der von ihr geführten Gemeinde gegen Gottes Ordnung verstößt. Weiter will ich die politische Thematik nicht führen – das würde mehrere Fässer aufmachen und diesen Austausch vollständig sprengen.

→ „Evolution“

Beim Thema Evolutionstheorie verstehe ich sehr wohl, dass du sie verkürzt verstehst und dieses verkürzte Bild pauschal ablehnst. In meinen Augen ist Gott viel größer und setzt einen scheinbar ohne Plan und Ziel vor sich gehenden Prozess wie die Evolution in Gang, in dessen Verlauf die wunderbarsten Welten und Geschöpfe entstehen und dem auf geheimnisvolle Weise seine Weisheit von Anfang bis Ende zu Grunde liegt. Aber auch hier nochmal eine Nachfrage: Leugnest du auch die unermessliche Größe des Weltalls mit Milliarden von Galaxien, die Milliarden von Sonnensystemen enthalten? Wie schätzst du das Alter der Welt ein?

→ „Vielfalt des Glaubens“ → „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Du schreibst: „Schon in der Bibel selber verändert der Heilige Geist die Art, wie Menschen angesprochen werden“. Das hast du in der Tat sehr abstrakt gesagt. Man hätte auch einfacher sagen können, dass es einen Alten und einen Neuen Bund gibt. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass Gott vor 100 Jahren mit Rudolf Bultmann und seinen Theologiekollegen einen „Ganz Neuen Bund“ gemacht hätte, der ihnen das Recht gegeben hätte, Gottes Wort zu entmythologisieren.

Warum machen sich diese Theologen nicht lieber daran, den Koran zu entschärfen, damit diese „Bombe“ uns nicht in den nächsten 10 Jahren um die Ohren fliegt durch eine Neuauflage des IS in Deutschland?

Stattdessen hängt der Ratsvorsitzende der neomarxistisch unterwanderten Evangelischen Kirche Deutschlands Bedford-Strohm beim Besuch des Tempelbergs sein Kreuz ab aus Rücksicht vor den Juden und Muslimen, wodurch er symbolisch den christlichen Glauben verleugnet. Dabei ist Christus der KYRIOS, der allein GELTENDE, und Sein unverfälschtes Wort wird eines Tages all jene Theologen richten, die Sein Wort verfälschten, um es an ihre humanistischen Axiome anzupassen. „Wer mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit! Was hat das Stroh mit dem Korn gemein? spricht der HErr. Ist mein Wort nicht also, wie Feuer, spricht der HErr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ (Jeremia 23:28-29).

→ „Politik“

Die AfD bekennt sich mehrheitlich nicht zum Nationalismus oder Rassismus, sondern zum Subsidiaritätsprinzip. Wäre sie wirklich „rassisch“, dann gäbe es unter ihren Abgeordneten wohl kaum Schwarze oder sogar Flüchtlinge wie z.B. das AfD-Vorstandsmitglied aus dem Rhein-Neckar-Kreis Homib Mebrahtu aus Eritrea.

→ „Frauenrechte“

Die Gemeinde von Philippi traf sich im Haus der Lydia. Dadurch hat sie aber nicht gegen das Lehr- und Herrschaftsverbot aus 1. Timotheus 2:12 verstoßen. Man darf nicht zu viel in diese Stelle hineininterpretieren.

→ „Evolution“

Dass das Weltall so unvorstellbar groß ist, hat mich schon so manches Mal in meinem Glauben angefochten. Aber da geht es mir wie jenem Schüler, der bei der Klausur auch mal „Mut zur Lücke“ beweist. Dass das Weltall indes 13,6 Milliarden Jahre alt ist, kann auch ein Irrtum sein, muss es aber nicht. 100 % weiß dies ohnehin niemand, außer Gott allein.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Bultmanns Programm der Entmythologisierung wollte die „Mythen = legendarisch erzählte Geschichten“ der Bibel auf ihren tieferen Sinn zurückführen, den er schließlich sehr abstrakt und existentialistisch als ein bloßes „Dass des Gekommenseins Jesu Christi“ interpretiert hat (ich spreche sehr abgekürzt und wahrscheinlich sogar unrichtig, da ich speziell mit Bultmann selber nicht viel anfangen kann). Mir geht es gerade nicht um Entfernung der Mythen aus der Bibel, sondern darum, dass man sie als die vielen Geschichten ernstnimmt, in denen Gott sich den Menschen offenbart.

Den Koran entschärfen im Sinne einer historisch-kritischen Betrachtung vor allem der dort (wie allerdings auch in der Bibel) enthaltenen Gewalt-Problematik können letztlich nur die Muslime selbst. Die Muslime, mit denen ich in Gießen im Kontakt stehe, verurteilen jedenfalls die Gewalt-Ausübung im Namen ihrer Religion.

Bedford-Strohm als Ratsvorsitzender der EKD hat hier zu dem von dir erwähnten Thema selber Stellung genommen.

→ „Politik“

Zum Thema Rassismus ließe sich viel sagen – das würde ausufern.

→ „Frauenrechte“

Zum Frauenthema: Du bist also allen Ernstes davon überzeugt, dass 1. Timotheus 2:12 das einzige und die ganze biblische Botschaft bestimmende Wort über die Rolle der Frau in Gemeinde und Familie und wohl auch im Staat sein soll? Also: Jede Pfarrerin verstößt gegen Gottes Wort, jede Chefin, die Bundeskanzlerin, meine Familie, wenn wir eine partnerschaftliche Ehe führen, statt dass ich als Herr im Haus sage, wo es lang geht?

Ich halte 1. Timotheus 2:12 für einen Rückschritt gegenüber der Haltung Jesu zu den Frauen – er forderte Frauen dazu auf, die Botschaft von seiner Auferstehung den Männern zu verkündigen. Maria singt im Magnificat ein Lehrgedicht, ähnlich wie Hanna im AT einen Psalm. Debora übt im AT ein Richteramt aus. 1. Timotheus 2:14 ist übrigens auch ein Beispiel für einen neutestamentlichen Irrtum oder sogar eine frauenfeindliche Verfälschung eines alttestamentlichen Textes, denn Adam ließ sich sehr wohl ebenso wie Eva verführen.

→ „Wahrheit oder Lüge“ → „Beliebigkeit“

S. P.: Unter dem Begriff „Mythos“ verstehen die meisten vor allem eine „Lügenerzählung“. Weil man den Geschichten der Bibel nicht glaubt, hält man sie für Mythen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man ihnen trotzdem noch irgendetwas Sinnvolles abgewinnen kann, denn – ob man will oder nicht – hat man sich mit dieser Prämisse positioniert, und zwar als jemand, der dem Worte Gottes nicht glaubt.

Wenn Du glaubst, dass Gott, der selbst „nicht lügen kann“ (Titus 1:2), Seine Botschaft Menschen anvertraut hat, die frei erfundene Lügen über Ihn erdichtet haben, wie kannst Du dann sagen, dass Gott sich durch diese Lügengeschichten „den Menschen offenbart“? Nach dieser irrationalen Logik könnte man genauso gut behaupten, dass Gott sich durch die Mythen der alten Griechen offenbart habe, oder durch die Bhagvadgita, oder durch die Harry Potter-Romane. Denn es bliebe ja dann allein der Phantasie des Lesers überlassen, wenn er durch all diese Erzählungen irgendetwas „offenbart“ bekäme.

Kann es sein, dass deshalb die Menschen den Großkirchen fernbleiben, weil ihnen für diese willkürlichen Beliebigkeitsdeutungen einfach die Phantasie fehlt und sie lieber ein festes Fundament für ihren Glauben bevorzugen?

→ „Frauenrechte“

Dass 1. Timotheus 2:12 „das einzige und die ganze biblische Botschaft bestimmende Wort über die Rolle der Frau“ sei, habe ich ja nicht behauptet. Es gibt überall in der Heiligen Schrift ähnliche Gebote, die die Aussage hier nicht nur wiederholend bestätigen sondern auch begründen und vertiefen, z.B. 1. Korinther 11:3 oder 1. Korinther 14:34-37, wo ausdrücklich von einem „Gebot des HErrn“ die Rede ist. Es geht zurück auf 1. Mose 3:15, wo Gott den Frauen das Gebot gibt: „Er soll Dein Herr sein“. Dass die Scheidungsrate inzwischen bei über 30 % angelangt ist, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich die Eheleute nicht mehr an dieses Gebot Gottes halten wollen.

Wenn der HErr Jesus der Maria den Auftrag gibt, den anderen Jüngern etwas von Ihm auszurichten, dann ist es eine totale ÜBERINTERPRETATION, wenn Du daraus einen allgemeinen Auftrag zum Predigen der Frauen ableiten willst. Dann müsste man eher fragen, warum Er zu den 12 Aposteln nicht auch eine einzige Frau berufen hat. Wenn der HErr Jesus die untergeordnete Stellung der Frau unter ihren Mann nicht ausdrücklich noch einmal erwähnt hat, dann nur deshalb, weil diese in Seinem jüdischen Umfeld eine absolute Selbstverständlichkeit war. Aber ein wenig klingt diese Voraussetzung auch in Seinen Worten an: „Wer ein Weib entlässt, es sei denn aufgrund von Hurerei, …“ – so als ob die Frau nichts mitzureden habe. Zu Seiner eigenen Mutter sagte der HErr: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?“ Also nach emanzipiertem Mann klingt das nicht.

„Adam wurde nicht betrogen, das Weib aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.“ (1. Timotheus 2:14). Die Schlange hatte erst gar nicht versucht, den Adam zu täuschen, weil ihr das bei ihm nicht gelungen wäre. Aber sie wusste, dass Er der Überzeugungskunst seiner Frau nicht widerstehen würde.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Ich denke, damit ist dieser Punkt so ziemlich ausdiskutiert, denn du positionierst dich als jemand, der „lieber ein festes Fundament“ für deinen Glauben bevorzugt und darum voraussetzen musst, dass die Bibel in allen ihren Teilen wortwörtlich wahr ist, und zwar wahr im Sinne von: widerspruchsfrei, historisch richtig, den Tatsachen entsprechend, von Gott eingegeben. Das ist genau das, was ich als Fundamentalismus bezeichnen würde.

Und mir ist auch klar, dass es eine ganze Menge Menschen gibt (nicht nur im Christentum, sondern auch in anderen Religionen), die einen solchen einfachen Glauben einer Glaubenshaltung vorziehen, bei der man sich eines solchen allzu einfachen Fundaments eben nicht sicher ist. Die erstaunlich vielen, die immer noch die Großkirchen mit ihren Kirchensteuern unterstützen, bleiben allerdings in der Regel nicht dem Gottesdienst fern, weil sie ein fundamentalistisches Glaubensverständnis vermissen, sonst würden sie doch wohl alle in die Freikirchen strömen.

Dass ich unter Mythen keine Lügenerzählungen verstehe, habe ich oben schon erläutert. Für mich sind zum Beispiel Erzählungen und Lieder über die Schöpfung, die den naturwissenschaftlichen Fakten nicht entsprechen, so wenig unwahr wie Liebesgedichte, in denen Sonnenaufgänge vorkommen, obwohl „eigentlich“ nicht die Sonne aufgeht, sondern die Erde sich in ihrem Kreisen um die Sonne auch selber um sich dreht.

→ „Frauenrechte“

Dein letzter Satz ist ein Musterbeispiel für eine willkürliche Beliebigkeitsdeutung. Genau so gut kann ich deuten, dass Adam viel leichter zu betrügen war – Eva musste ihm nur die Frucht hinreichen, und schon nahm er sie und aß (da steht kein Wort von Überzeugungskünsten seiner Frau), während für Eva größere intellektuelle Anstrengungen erforderlich waren, um sie misstrauisch gegenüber Gottes Güte zu machen.

Aufschlussreich ist deine Formulierung „weil diese (die untergeordnete Stellung der Frau) in Seinem jüdischen Umfeld eine absolute Selbstverständlichkeit war“. Genau diese Selbstverständlichkeit prägt auch die meisten biblischen Texte, ohne dass man sagen könnte, dass die Unterordnung der Frau unter den Mann wirklich der ewige Wille Gottes sei.

Ich sehe das so: Der Wille Gottes ist, dass Mann und Frau (ISCH und ISCHA) einander auf Augenhöhe begegnen (1. Mose 2:23); die Folge der Verfehlung des Gottvertrauens (derer sich sowohl die Frau als auch der Mann schuldig machen – oder würdest du Adam als unschuldig ansehen?) ist nach 1. Mose 3:16 unter anderem auch, dass die Beziehung der Geschlechter von Unterdrückung der Frau durch den Mann geprägt ist. Das ist aber kein ursprüngliches und bleibendes Gesetz Gottes, sondern Ausdruck und Folge von Sünde, die auf jeden Fall unter Menschen, die auf Gott vertrauen, überwunden werden sollte.

→ „Wahrheit oder Lüge“ → „Beliebigkeit”

S. P.: Bevor Du das Thema der buchstäblichen Glaubwürdigkeit der Bibel ad acta legen willst, solltest Du doch wenigstens mal auf meine Argumente eingehen. Ich hatte Dir ja am Beispiel eines untreuen Ehemanns oder eines ständig Lügen erdichtenden Freundes veranschaulicht, wie sehr Lügengeschichten eine Beziehung auf Dauer belasten können.

Auch auf die verheerende Folge der Beliebigkeit bist Du bisher mit keinem Wort eingegangen, sondern wiederholst immer nur die Möglichkeit, auch aus Mythen Sinnhaftigkeit und Erbauliches herauslesen zu können, selbst wenn das nicht in der Absicht der Autoren stand. Man könnte dann auch genauso gut ganz auf die Bibel verzichten und stattdessen irgendwelche anderen Lebenshilfe-Bücher über Positives Denken zitieren, in welchen immer mal wieder auch von Gott die Rede ist.

Dass die Sonne aufgeht, ist zwar tatsächlich keine wissenschaftlich präzise Aussage, aber aus der Perspektive eines Menschen absolut richtig. Dies kannst du aber nicht vergleichen mit den in der Bibel berichteten Wundern, denn diese sind nicht einfach durch einen Perspektivwechsel wegzudeuten, sondern man ist herausgefordert, sie entweder zu glauben oder nicht zu glauben.

→ „Auferstehung“

By the way: Glaubst Du eigentlich an die leibhaftige Auferstehung des HErrn Jesus aus den Toten oder ist das für Dich auch nur eine Metapher?

→ „Beliebigkeit“

Unter „Beliebigkeitsdeutung“ verstehe ich eine Deutung, die unabhängig von der eigentlichen Aussage eines Textes irgendetwas hineininterpretiert nach eigenem Belieben (Eisegese), selbst wenn es im krassen Widerspruch zur Gesamtaussage der Bibel steht. Eine saubere Bibelauslegung (Exegese) erfordert jedoch auch die Berücksichtigung des Kontextes, sowie den Einklang mit allen anderen biblischen Aussagen.

Der HErr Jesus sagte einmal: „Wer Gottes Willen tun will, wird aus der Lehre erkennen, ob sie von Gott ist oder ob ich aus mir selber rede“ (Johannes 7:17). Im Umkehrschluss kann man auch sagen: Wer Gottes Willen nicht tun will, kann auch die biblische Lehre nicht richtig deuten, sondern wird sie automatisch immer in seinem eigenen Sinn deuten wollen.

Du kennst ja auch das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld: Wenn der Herzensboden durch jahrelange Gewohnheit zu einem Weg FESTGETRETEN wurde (VOREINGENOMMENHEITEN), kann der Same des Wortes Gottes nicht mehr eindringen, sondern die Vögel des Himmels (fremde Geister/theologische Irrlehren) kommen sofort und picken das Gehörte auf. Jedes nicht wirklich verstandene Wort, das man in der Bibel gelesen hat, steht in Gefahr, sofort gefressen zu werden, bevor es überhaupt eine Chance bekommt, verstanden zu werden.

→ „Frauenrechte“

Das griech. Verb AUThÄNTÄOo, das nur in 1. Timotheus 2:12 vorkommt, hat die Bedeutung, dass man durch unerlaubte Eigenmächtigkeit seine Kompetenz überschreitet und dadurch den Herrschaftsanspruch eines anderen – in diesem Fall des Mannes – in Frage stellt. Adam war unmittelbar vom HErrn im Bild Gottes erschaffen worden, nicht nur mittelbar wie Eva, die nach ihm und um des Mannes willen als seine Hilfe erschaffen wurde (1. Mose 2:20-22; 1. Korinther 11:7-9). Deshalb war Adam schon schöpfungsmäßig, also vor dem Sündenfall, das Haupt seiner Frau (1. Korinther 11:3) mit entsprechend viel größerer Verantwortung als sie, weshalb Gott ihn nach dem Sündenfall zuerst ansprach. Gott hatte ihm als Haupt mehr Widerstandsvermögen gegen die Argumente der Schlange anerschaffen, sodass er davon nicht getäuscht wurde (1. Timotheus 2:14). Gott hatte Adam in den Garten Eden gesetzt mit dem Auftrag, ihn zu bebauen und zu hüten (1. Mose 2:15; hebr. SchaMaR, hüten, bewachen, bewahren, beachten). Damit signalisierte Gott ihm die Möglichkeit einer drohenden Gefahr. Das hätte Adam seiner Frau mitteilen und ihr einschärfen müssen, ihm jede Unregelmäßigkeit sofort zu melden und nicht eigenmächtig darauf zu reagieren.

Nur weil Adam seine Hauptschaft völlig ungenügend wahrnahm, konnte Eva von der Schlange völlig getäuscht werden, woraufhin diese den Adam anschließend zur Mitübertretung des Verbots verführte (1. Mose 3:17). Aber noch mehr als Adam scheuen sich auch die heutigen Männer, den Willen Gottes durchzusetzen und die Hauptschaft gegenüber ihren Ehefrauen einzufordern, da sie den massiven Widerstand durch ihre emanzipierten Frauen fürchten. Ich selbst bin da übrigens keine Ausnahme in meiner Ehe, da ich dies erst viel zu spät erkannte.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Lieber Simon, mir ist heute früh eingefallen, dass ich mal als junger Pfarrer ein Buch von Hans Frör gelesen habe: „Ich will von Gott erzählen wie von einem Menschen, den ich liebe.“ Und dann wurde mir klar, dass deine Art der Argumentation, dass ich nämlich aus der Bibel einen Haufen von Lügengeschichten machen und sie beliebig nach meinem Geschmack auslegen würde, mich dazu gebracht hat zu meinen, ich müsse meine Art des Glaubens und Lebens vor dir rechtfertigen. Nein, muss ich und will ich nicht. Weil ich gerechtfertigt bin. Weil ich Gott als die von uns aus unergründliche Macht kennengelernt habe, die sich dennoch in ihrem Wort der Liebe offenbart, dass ich einfach wissen darf: Ich bin in seiner Hand. Mit unserer Welt und allen, die ich liebe (und sogar mit denen, die ich hasse), bin ich von ihm getragen und herausgefordert.

Und dann ging mir auf: Der christliche Glaube ist eben wirklich keine eigentliche Buchreligion. Gott erwartet nicht von uns, dass wir jedes einzelne Wort seiner Bibel für wahr halten. Ja, nicht einmal, dass wir jede Geschichte, jeden Satz der Bibel kennen.

Die Propheten haben eine Stimme in ihrem Inneren gehört, die sie als Gottes Stimme erkannten – unerbittlich fordernd oder gegen alle Erwartungen tröstend – Gott hat ihnen kein Bibelbuch vorgelegt und ihnen gesagt: Lest das alles und haltet alles für wahr! Die einzelnen biblischen Geschichten spiegeln eine Vielfalt von Begegnungen mit dieser göttlichem Stimme wider, sie hängen alle zusammen durch diese Stimme, aber nicht dadurch, dass sie in einem widerspruchsfreien Buch stehen.

→ „Beliebigkeit“

Auf deinen Vorwurf der Beliebigkeit bin ich sehr wohl eingegangen; ich wiederhole nur mal kurz: Wer verhindert eine beliebige Auslegung der Bibel? „Für mich kann es nur der Geist Gottes selber sein, der an den Früchten derer zu erkennen ist, die sich von ihm leiten lassen.“ Genau das steht auch in dem von dir zitierten Wort Johannes 7,17 (wer Gottes Willen tun will, wird innewerden, ob Jesu Lehre von Gott ist).

→ „Auferstehung“

An die leibhaftige Auferstehung Jesu von den Toten glaube ich. Aber ich werde dir nicht verständlich machen können, in welcher Weise ich das tue, weil du nicht verstehen kannst oder willst, dass Metaphern und bildhafte Sprache nicht einfach „nur“ andere Ausdrücke für Lügengeschichten sind. Ich glaube, dass Gott in den Jüngern und Jüngerinnen auf ihre je eigene Weise das Wunder der Ostererfahrung bewirkt hat, dass sie wussten: Jesus konnte mit seiner Liebe nicht getötet werden, er war die Verkörperung der Liebe Gottes, und so sagt Gott ewig Ja zu ihm. Von solchen Erfahrungen können wir nur in Bildern reden, genau wie wir von unserer eigenen Hoffnung über den Tod hinaus nur in Bildern reden können. Ungefähr 800mal stand ich auf Friedhöfen und habe Trauernden bei Beerdigungen von solcher Hoffnung etwas weiterzugeben versucht; Gott allein weiß, ob ich das in rechter Verantwortung getan habe.

→ „Frauenrechte“

Ist es nun Gottes unverbrüchlicher Wille, dass die Frau dem Mann untergeordnet sein und bleiben soll? Für mich geht aus dem Ganzen der Bibel hervor, dass alle Menschen vor Gott mit der gleichen Würde ausgestattet sind, Ebenbild Gottes zu sein (1. Mose 1:27 / Galater 3:26-29). Sicher, dem widersprechen andere Stellen. Aber indem du alle widersprüchlichen Stellen „auf Teufel komm raus“ harmonisieren willst, verdunkelst du den Sinn der Ebenbildschaft und des Einsseins in Christus.

Meine Einsicht ist inzwischen, dass diese anderen Stellen aus den Folgen des durch Sünde entstandenen Misstrauens gegen Gott, zu denen die Herrschaft des Mannes über die Frau gehört, fälschlicherweise ein Gottesgesetz machen. Über das Wort aus 1. Timotheus 2:12 (einem Brief, der aller Wahrscheinlichkeit nach unter dem Namen des Paulus von einem Christen veröffentlicht wurde, der den größer werdenden Christengemeinden klare Regeln des Zusammenlebens geben wollte) ärgere ich mich geradezu, weil es einer Frau nicht erlaubt, „authentisch“ zu sein, sich und ihren eigenen Glauben, ihre eigene Verantwortung vor Gott und gegenüber jedem anderen Menschen zu vertreten, so wie es nach Gottes Willen jeder und jede andere auch tun darf.

Ja, ich darf es mir erlauben, mich auch über Bibelworte zu ärgern, weil ich auch mit Menschen und mit Gott streiten darf, die ich liebe – und weil dieses Wort nicht im Einklang steht mit 1. Mose 1:27 und Galater 3:28. Ein Abschnitt wie 1. Korinther 11:2-16 zeigt, wie Paulus mit dieser Frage ringt; einerseits behauptet er, die Frau sei um des Mannes willen geschaffen (9), andererseits weiß er, dass die Frau auch vom Mann kommt (12), und in Vers 16 lässt er durchblicken, dass in diesen Fragen auch zeitbedingte „Sitten“ im Spiel sind.

Dass die Frau nach 1. Mose 2:18.20 „nur“ als die „Hilfe“ des Mannes geschaffen wurde, sozusagen als seine Bedienstete, das hätte mancher Macho-Mann gerne; aber wie passt damit zusammen, dass das hebräische Wort ‘EZäR = „Hilfe“ sehr häufig als Anrede für Gott selbst auftaucht: z.B. Psalm 70:6: „Meine Hilfe und mein Retter bist du!“ „Hilfe“ ist also keine Dienstmagd, sondern ein Ehrentitel für ein ebenbürtiges Gegenüber als Ebenbild Gottes, das ganz genau der Schöpfungsaussage in 1. Mose 1:27 entspricht.

Deine Spekulationen darüber, dass Gott den Adam mit größerer Verantwortung geschaffen hat als die Frau, sind daher völlig haltlos und erinnern mich schon ein wenig an die Spekulationen mancher Kirchenlehrer der ersten Jahrhunderte, dass Frauen keine Seele hätten. Das ist Eisegese!

Neugierig bin ich, wie du das anstellen willst: „die Hauptschaft gegenüber deiner Frau einfordern“. Willst du gegen das deutsche Grundgesetz ihr vorschreiben können, ob sie einen Beruf ausüben darf? Gibst du ihr Haushaltsgeld, über das sie dir genau Rechenschaft ablegen muss, und ein von dir bemessenes Taschengeld für eventuelle eigene Bedürnisse? Nimmst du sie nicht mit in den Gottesdienst, wenn sie beim Beten kein Kopftuch trägt (1. Korinther 11:5)? Was würde sie zu 1. Timotheus 2,12 sagen, zu deiner Unterstellung, sie sei von Gott mit einer geringeren Verantwortungsfähigkeit ausgestattet worden als du? Wie könnt ihr überhaupt eine vertrauensvolle Ehe führen, wenn du von deiner Frau die Unterordnung verlangst?

→ „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Du schreibst, dass Du Dich mir gegenüber nicht rechtfertigen musst, weil Du – Zitat: „gerechtfertigt bist“. Wer oder was aber rechtfertigt Dich denn? Und woraus leitest du diese Rechtfertigung ab? Du schreibst ferner, dass es für Dich Zitat „nur der Geist Gottes sein kann, der Dich leitet“. Woher weißt Du, ob es der Geist Gottes ist und nicht ein anderer Geist (z.B. der des Humanismus)?

Du hast Dich entschieden, der Bibel keinen Glauben mehr zu schenken, zumindest nicht im Sinne einer buchstäblich zu verstehenden Botschaft, da Du manche Aussagen für widersprüchlich oder inhuman hältst und sie zum Teil auch nicht mit der Wissenschaft im Einklang zu bringen vermagst. Aber so wie Gott uns Zähne gegeben hat, um harte und nicht leicht verdauliche Kost in ihre Bestandteile zu zerlegen, so gibt Gott auch bereitwillig das richtige Verständnis zum „Zerkauen“ und „Wiederkäuen“ (Nachsinnen) des Wortes Gottes, so dass es nicht nötig ist, es erst so weit zu „verwässern“, dass man es „schlucken“ kann.

Als der Inka-Häuptling Atahualpa von Pizarro eine Bibel geschenkt bekam, nahm er diese aus seiner Hand, roch daran, hielt sie an sein Ohr, schüttelte sie und warf sie dann auf den Boden, weil er nichts damit anfangen konnte. Du hingegen weißt zwar, wie man die Bibel lesen und interpretieren kann, und dennoch verhältst Du Dich wie einer, der ein fremdsprachiges Buch in der Hand hält, es aber dadurch zu „verstehen“ meint, indem Du dessen Fremdsprachigkeit einfach leugnest und nach Deinem eigenen Gusto eine „Übersetzung“ erfindest. Solche „Pippi-Langstrumpf-Übersetzungen“ („Ich mach mir die Welt, … wie sie mir gefällt“) können aber in Extremsituationen keinen Bestand haben. Man kann zwar leicht auf Beerdigungen sagen: „Wir kommen alle, alle in den Himmel“, aber wenn ein IS-Kämpfer Dich vor die Wahl stellen würde, entweder Deinen Glauben zu verleugnen oder aber dass Dir mit stumpfer Klinge der Hals abgeschnitten werden würde, wirst Du kaum die Kraft haben, für Deinen Wünsch-Dir-was-Glauben Qualen auf Dich zunehmen. Warum solltest Du auch, denn wer nicht an eine Hölle glaubt, braucht diese ja auch nicht zu fürchten (Matthäus 10:28).

→ „Auferstehung“

Der Auferstehungsbericht ist alles andere als eine „bildhafte Sprache“, sondern eines der vielen Zeichen und Wundern Gottes, durch die wir glauben sollen, „daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und auf dass ihr glaubend Leben habet in Seinem Namen.“

→ „Frauenrechte“

Was Deine Argumentationen zum biblischen Frauenbild betrifft, so musst Du Dir erst mal selber einig werden, denn Du kannst nicht ständig hin und her wechseln zwischen den Argumentationsebenen, – also mal mit der Bibel argumentieren und bei biblischen Gegenargumenten dann sagen: „Das ist ohnehin alles Schwachsinn!“, – weil Du dadurch wie ein Schachspieler bist, der sich nicht an die Spielregeln halten will, sobald er merkt, dass er am Verlieren ist.

Du kannst z.B. nicht einfach behaupten, dass die Timotheusbriefe angeblich „nicht von Paulus“ seien, wenn Du es nicht auch beweisen kannst. Du gibst ja selber zu, dass Dir dieses Wort in 1. Timotheus 2:12 ein Ärgernis sei, willst zugleich aber allen Ernstes behaupten, Du seist „vom Heiligen Geist geleitet“. Mir scheint dies eher der Geist des Humanismus und der Aufklärung zu sein bzw. der Hegelsche Weltgeist, hinter dem im Grunde der „Fürst dieser Welt“ steht. Der Heilige Geist wird Dich immer tiefer ins Wort führen, wenn Du Ihn hättest, aber Dich bestimmt nicht dazu bringen, dass Du Dich an dem Wort Gottes stößt (1. Petrus 2:8 „‚Ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses‘, die sich, da sie nicht gehorsam sein wollen, an dem Worte stoßen, wozu sie auch gesetzt worden sind.“).

Rebekka war mit Sicherheit keine „Emanze“, die eigenmächtig ihren Willen gegen ihren Mann durchsetzte, sondern sie gehorchte dem Befehl Gottes, der zu ihr zuvor gesagt hatte: „Der jüngere soll über den älteren herrschen“ (1. Mose 25:23).

Und dass in Christus „weder Mann noch Frau“ einen Vorzug haben, was ihr Heil betrifft, sollte eigentlich auch klar sein, was aber noch lange nicht heißt, dass es zwischen ihnen keine Rangordnung mehr geben darf, genauso wenig wie ja auch Sklaven und Freie im Neuen Bund noch ihre Berechtigung haben. So kann ein angestellter Christ ja zum Beispiel auch nicht seinen gläubigen Chef vom Sessel stoßen mit der Begründung, dass doch in Christus alle gleichberechtigt seien.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Wer mich rechtfertigt? Der Gott, der mich liebt und mich herausfordert, entsprechend seiner Liebe zu leben, geleitet von seinem Geist. Beweisen kann ich natürlich nicht, dass ich vom Geist geleitet bin, das könnte ich aber auch nicht, wenn ich alle Buchstaben der Bibel miteinander zu harmonisieren versuchte. Auch daraus könnte ich keinen wasserdichten Beweis konstruieren, dass ich gerechtfertigt bin – und jeder, der nicht in dieser Weise an die Bibel glaubt, wäre verloren.

Leitet mich der Geist des Humanismus? Nicht im Sinne dieser Weltanschauung, obgleich ich denke, dass Gott wahrhaft menschenfreundlich ist; den Humanisten halte ich vor, dass ihr übersteigerter Glaube an die Güte des Menschen ebenso ins Gegenteil umschlagen kann wie ein fanatischer Gottesglaube – nämlich dass man Feinde humanistischer Ideen (die man als reaktionär abqualifiziert) meint mit Gewalt bekämpfen zu können.

Von deinen fundamentalistischen Voraussetzungen aus gesehen muss natürlich meine Art der Bibelinterpretation eine Verwässerung sein. In meinen Augen macht es sich jeder Versuch einer Bibelauslegung zu einfach, der die Einbettung des Gotteswortes in menschliche Worte ignoriert, die nur bildhaft sein können und auch Widersprüche enthalten. Dass die Bibel ein fremdsprachiges Buch ist, das nicht leicht in eine andere Sprache, in andere geschichtliche Epochen, in jedes menschliche Leben hinein zu über-setzen ist, verkenne ich gerade nicht.

Ob ich die Kraft hätte, für meinen Glauben zu sterben, das kann ich nicht sagen, so lange ich nicht in einer solchen Situation bin – aber in einem hast du Recht, ich mag nicht auf eine ganz bestimmte Weise an Gott glauben, nur weil er mir mit der Hölle droht. Insofern kann ich dich nicht einmal widerlegen, dass du mir einen „Wünsch-dir-was-Glauben“ vorwirfst. Wenn wirklich deine Auslegung der Bibel die einzig wahre und richtige sein sollte, dann würde ich lieber Atheist werden und die Hölle erleiden, als einen dermaßen menschenfeindlichen Gott anzuerkennen.

Im Schachspiel der Regeln deines fundamentalistischen Glaubens habe ich schon verloren. Ich kann dich nicht widerlegen. Was wäre denn, wenn es einen unwiderleglichen Beweis dafür gäbe, dass die Timotheusbriefe wirklich nicht von Paulus sind? Würdest du dann vom Glauben abfallen? Würde schon ein einziger wirklich nachgewiesener Widerspruch in der Bibel deinen ganzen Glauben widerlegen, so dass du einen solchen keinesfalls zugeben darfst? Hältst du auch Martin Luther für ungläubig, weil er den Jakobusbrief und die Offenbarung von seinem Kriterium her „was Christum treibet“ für weniger aussagekräftig gehalten hat als andere Teile der Schrift?

→ „Frauenrechte“

Aber noch mal zu 1. Timotheus 2:12: Wortwörtlich verstanden, hätte Rebekka nach diesem Wort nicht die Initiative gegen ihren Mann ergreifen dürfen, sondern hätte es Gott und ihrem Sohn allein überlassen müssen, seinen Bruder zu betrügen. Debora hätte niemals über das Volk Israel, Männer und Frauen richten dürfen. Sie war zu ihrer Zeit die Chefin; hätte man sie von ihrem Richterstuhl stoßen müssen, weil sie als Frau von Gott nicht zu einem solch verantwortungsvollen Amt ausgerüstet war?

→ „Sklaverei“

Rangordnungen unter Menschen sind notwendig, sind aber auch immer wieder mit Recht in Frage gestellt worden, wenn sie gegen die Menschenwürde verstoßen, wie zum Beispiel die Sklaverei (schon in der Bibel wird um die Frage gerungen, ob es Sklaverei geben darf, wenn ja, ob lebenslang oder unter welchen Bedingungen, welches Verhalten von Sklaven oder Sklavenhaltern zu erwarten ist).

Würdest du übrigens mit Epheser 6:5 heutigen Sexsklavinnen vorschreiben wollen, sich nicht gegen ihre Zuhälter aufzulehnen? Ist es nicht im Sinne der Bibel, die Sklaverei als solche abzuschaffen?
Ausgewichen bist du übrigens all meinen neugierigen Fragen, auf welche Weise du denn die „Hauptschaft“ gegenüber deiner Frau „einfordern“ willst.

→ „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Wenn Du sagst, dass Gott Dich rechtfertigen würde, klingt das zwar fromm, ist aber in Wirklichkeit eine haltlose Behauptung, da sie zwar der Bibel entlehnt ist (Römer 5:1, 8:33), aber an diese glaubst Du ja nicht, weshalb Du ehrlicherweise auch kein Recht hast, ihre Verheißungen für Dich in Anspruch zu nehmen. Das gleiche gilt auch für alle anderen Begriffe, die Du verwendest, sie aber eigenmächtig in einen eigenwilligen Bezug stellst, der mit dem Wortlaut der Heiligen Schrift nichts mehr zu tun hat. „Zu dem Gesetzlosen spricht Gott: ‚Was hast du meine Satzungen herzusagen und meinen Bund in den Mund zu nehmen? Du hast ja die Zucht gehasst, und hinter dich geworfen Meine Worte“ (Psalm 50:16). Man kann sich nicht die Rosinen aus dem Kuchen picken und sagen: „Jesus Ja, aber Bibel Nein!“ denn man kann Ihn nicht von Seinen Worten entkoppeln, da Er selbst das Wort Gottes ist. „Wer Mich verwirft und Meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten an dem letzten Tage“ (Johannes 12:48).

Die „Fremdsprachigkeit“ der Bibel bezog ich auf die Notwendigkeit einer geistgeleiteten Auslegung. So wie man die Sprache eines Buches beherrschen muss, um es zu verstehen, so muss man auch das geistliche Verständnis besitzen, um die Bibel zu verstehen. Du kannst das Wort Gottes nicht mit der „Weisheit dieses Zeitlaufs“ verstehen. „Der seelische Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er KANN ES NICHT ERKENNEN, weil es geistlich beurteilt werden muss“ (1. Korinther 2:14).

Mit Deiner Kritik am Wort Gottes kannst Du Dich auch nicht auf Luther berufen. Luther hatte bei seinen Bedenken zum Jakobusbrief lediglich die Sorge einer falschen Gewichtung. Jedenfalls wollte er sicherlich nicht die Gebote der Bibel relativieren oder außer Kraft setzen, erst recht nicht mit der Begründung, dass sie nicht mehr auf der Höhe der Zeit und der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnis stünden. Für solche heute vielfach praktizierten Demontage-Arbeiten an der Heiligen Schrift lässt sich Luther mit seinem „Sola Scriptura“ jedenfalls nicht vereinnahmen.

Deinen Satz, dass Du lieber Atheist wärest und lieber die Hölle erleiden würdest, als an einen angeblich solch „menschenfeindlichen Gott“ zu glauben, kommt mir sehr bekannt vor, denn auch ich habe mal genauso gedacht und geredet – aber da war ich Atheist! Wir können uns nicht einen Gott ausdenken, sondern müssen Ihn so annehmen, wie Er sich uns geoffenbart hat. Der Gott der Bibel ist nicht menschenfeindlich, auch wenn ich dies selber einmal dachte in meinem Unverstand. Aber Gott hält auch keineswegs für schuldlos den Schuldigen! Gottes „Zorn war sehr entbrannt“ über Eliphas und seine beiden Freunde, „denn ihr habt nicht recht von Mir geredet, wie Mein Knecht Hiob“ (Hiob 42:7).

Wie lautet denn die oberste (Schach-)Regel DEINES Glaubens? Ist es etwa nicht auch die GlaubWÜRDIGKEIT? Denn was nützt Dir der Glaube an Deinen Gott, wenn er gar kein Vertrauen und keine Glaubwürdigkeit vermitteln kann, aufgrund seiner in sich unsinnigen Wahl der Mittel? (Ich sage bewusst „Deinen Gott“, denn ich glaube an den Gott der BIBEL und nicht an Deinen – aus meiner Sicht – selbsterdachten Gott). Dein Gott hat ja angeblich Lügner und Fantasten damit beauftragt, sein Wort den Menschen zu vermitteln. Glaubst Du, dass solch ein Fehler nicht auch auf Deinen Gott zurückfällt?

Das haben wir doch gerade in diesen Tagen in Österreich gesehen, dass ein Kanzler seinen Innenminister als Sündenbock für die Unzulänglichkeiten Seines Vizekanzlers entlassen wollte, obwohl eigentlich er selbst verantwortlich war, mit diesem überhaupt eine Koalition eingegangen zu sein. Die Folge war, dass auch Sebastian Kurz das Vertrauen abgesprochen wurde. Ebenso wäre aber auch Dein Gott voll umfänglich daran schuld, wenn ihn niemand für zurechnungsfähig halten kann bei einer angeblich so dilettantischen Verkündigerauswahl.

Glaubwürdigkeit und Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für jede Beziehung. Einen „Gott“, dem ich noch nicht einmal Souveränität und Allmacht zutrauen kann, ist (nach Ludwig Feuerbach) im Grunde auch gar kein Gott, sondern eine Projektion meiner selbst, sprich ein GÖTZE („Auflehnung ist so schlimm wie die Sünde der Zauberei und EIGENSINN so schlimm wie GÖTZENDIENST“ 1. Samuel 15:23).

→ „Frauenrechte“

Wobei wir zum Thema „Vertrauen in der Ehe“ kommen: Die Auflehnung gegen göttliche Anordnungen hat weltweit nicht nur zu hunderttausendfacher Scheidungsrate mit Millionen zerrütteter Elternhäuser geführt, sondern auch Milliarden Menschenleben gekostet während der 73 Jahre des Kommunismus! Man könnte sogar sagen, dass alles Elend der Menschheitsgeschichte seine Ursache hat in der Ablehnung der göttlichen Ordnung: „Sollte Gott wirklich gesagt haben…? Mitnichten…! Ihr werdet sein wie Gott!“ Schon dem „Glanzstern“ Satan hat es nicht gut getan, als er sich in seinem Herzen vornahm: „Ich will mich gleichmachen dem Höchsten!“

Auch Deboras Richterdienst über Israel widerspricht keineswegs dem Herrschaftsgebot des Mannes über der Frau, denn die verantwortlichen Männer hatten sie ja zu diesem Richteramt bevollmächtigt. Es war eine Aufgabe, eine Funktion, mehr nicht. Gott geht es auch nicht um die Ausübung eines Herrschaftsamtes, sondern um die eigenmächtige, selbstbestimmende und unbefugte Kompetenzanmaßung, die losgelöst ist von der göttlichen Schöpfungsordnung.

Gott hatte z.B. im Alten Testament angeordnet, dass Frauen kein Mannsgerät tragen sollen, also nicht nur Männerkleidung (wie z.B. die Hose), sondern auch keine Männerwerkzeuge (d.h. Männerberufe) oder Waffen. Die Missachtung der Geschlechterrollen ist Gott sogar ein „Gräuel“ (5. Mose 22:5). Seit 50 Jahren aber hat sich die Hose leider aber auch bei gläubigen Frauen ausgebreitet und ist zu einer ungöttlichen Norm geworden. Auch meine Frau hat sich von Anfang der Ehe immer wieder dagegen gesträubt, sich einen Rock anzuziehen. Nach unzähligen Diskussionen mit ihr habe ich ihr im Juli letzten Jahres ein Ultimatum gestellt, indem ich ihr sagte, dass ich ab den 01.08.18 nicht mehr mit ihr zusammen auf die Straße gehe, wenn sie sich nicht einen Rock oder ein Kleid anzieht. Dies hat tatsächlich gefruchtet, so dass meine Frau sich allmählich an diese Bedingung gehalten hat, wenn auch nicht aus eigener Überzeugung. Dies sei nur mal ein Beispiel, wie ich die Hauptschaft in meiner Ehe durchsetze.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Da du mir das Recht absprichst, die Bibel anders als fundamentalistisch (= in deinem wortwörtlichen Sinne) auszulegen, ist es eigentlich sinnlos, mich weiterhin darum zu bemühen, dir meine Art der Bibelauslegung verständlich zu machen. Unser beider Verständnis vom Wort Gottes ist genau so weit voneinander entfernt wie das, was wir unter „geistlich“ verstehen. Ich bin nur froh, dass du nicht mein Dekan oder Bischof warst, der mir die Lehrberechtigung in den von mir betreuten Gemeinden entzogen hätte.

Aber zu den „Rosinen“: Nach meiner Erfahrung muss auch jeder Fundamentalismus Rosinenpickerei betreiben. Die „fundamentals“, die als unumstößlich wortwörtliche Wahrheit angesehen werden und an denen man die Auslegung der Bibel misst, können ja recht unterschiedlich gesetzt werden. Der 30jährige Krieg entbrannte z.B. in religiöser Hinsicht um die Frage, ob Katholiken oder Protestanten die einzig richtige absolute Wahrheit vertraten. Wer genau bestimmt denn, was die richtige wortwörtliche Auslegung der Bibel sein soll?

Musst du deinen Sohn gemäß 5. Mose 21:21 steinigen lassen, wenn er dir nicht gehorcht? Ist Sklaverei heute noch mit dem Wort Gottes vereinbar? Eine südafrikanische weiße Christin versuchte mir vor knapp 40 Jahren mit der Bibel zu begründen, dass die Apartheid gottgewollt sei.

→ „Frauenrechte“

Ist das Männerkleidungsverbot für Frauen nicht doch eine kulturbedingte Angelegenheit, die nichts mit dem zeitlosen Willen Gottes zu tun hat? In unserer Stadt gibt es neben den „Großkirchen“ recht viele freikirchliche Gruppierungen und Sekten, aber mir ist noch nicht aufgefallen, dass irgendeine davon ihren Frauen das Tragen von Hosen verbietet. Ein junger Mann, der hier an der Freien Theologischen Hochschule studiert und mit dem ich ähnliche Gespräche wie mit dir über historisch-kritische und freikirchliche Bibelauslegung führte, erwähnte beiläufig, dass er den Vortrag einer Theologieprofessorin der Gießener Uni bei einem übergemeindlichen Treffen von freikirchlich und evangelisch-landeskirchlich geprägten Menschen sehr gut gefunden hätte.

Auch du musst in den Text Dinge hineinlesen, die nicht drinstehen, wenn du die Bibel als absolut widerspruchsfrei hinstellen willst, z. B. beim Thema Debora: Sie lässt sich nach Richter 4 und 5 keineswegs von irgendeinem Mann herumkommandieren. Du irrst, wenn du meinst, dass Männer sie zu ihrem Richteramt bevollmächtigt haben; davon steht nirgends etwas in der Bibel. Stattdessen zitiert sie Barak zu sich und kommandiert ihn ganz schön herum (4:6.9.14). Auch Jaël, die den Feldhauptmann des Unterdrückers Jabin tötet, wird weder von Barak noch von Gott für dieses eigenmächtige Verhalten getadelt oder gar gestraft, nein, sie wird sogar von Debora und Barak in ihrem Siegeslied dafür gepriesen (5:24).

→ „Wahrheit oder Lüge“

Die oberste Regel meines Glaubens? Dass Gott Liebe ist, dass in ihm Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Frieden kein Widerspruch ist, dass er beides für sein Volk Israel und durch Jesus Christus für die Menschheit will. Dieses Bild von Gott habe ich mir nicht ausgedacht, sondern ich habe es erkannt in den vielfältigen Zeugnissen der Bibel und vermittelt auch durch Menschen, die mir dieses Zeugnis weitergegeben und ausgelegt haben. Und genau so wie ich kommst auch du nicht aus ohne ein Bild von Gott, das du aus der auf deine Weise interpretierten Bibel herausliest. Feuerbach würde sowohl zu meinem als auch zu deinem Bild von Gott sagen: Alles nur Projektion!

Glaubwürdig ist Gott für mich trotz seiner menschlich unvollkommenen Bezeugung, weil gerade durch die unscheinbaren Mittel seine Liebe um so strahlender hervorleuchtet – ich will es mal so pathetisch ausdrücken.

Paulus hat das Wort vom Kreuz als eine eigentlich unmögliche Form der Bezeugung der Wahrheit Gottes bezeichnet, die den Juden ein Ärgernis und den Hellenen eine Torheit bedeuten müsste. Das Kind Gottes findet man in Windeln gewickelt, nicht in einer goldenen Wiege. In Erzählungen märchenhafter Art, in denen Schlangen und Esel reden können und Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden (was in der Antike viele Menschen gerne bereitwillig glaubten, ohne darin Lügengeschichten zu sehen), wird etwas deutlich von den Wundern der Heilung oder menschlicher Aufrichtung oder Befreiung, die durch das Vertrauen auf Gott geschehen.

Die Bibel ist nicht von Lügnern geschrieben, sondern von Menschen, die – von der Liebe Gottes angerührt – auf tausenderlei Arten von ihr zu erzählen wissen – doch die Wahrheit dieser Geschichten wird erst demjenigen offenbar, der sich wiederum durch Gottes Geist anrühren, ansprechen und verändern lässt.

→ „Frauenrechte“

Für dein Verhalten gegenüber deiner Frau finde ich kaum Worte. Was hat denn das mit Vertrauen oder gar Liebe zu tun, dass du ihr ein Ultimatum stellst, um sie dazu zu zwingen, etwas anzuziehen, was Gott angeblich auch im 21. Jahrhundert noch als Greuel empfinden sollte? Darf ich deinen Worten übrigens entnehmen, dass sie im Haus durchaus Hosen trägt? Schreibst du ihr auch vor, welche Partei sie zu wählen hat? Bestimmst allein du, wofür ihr das von dir verdiente Geld ausgebt?

→ „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Deine „Art der Bibelauslegung“ habe ich schon verstanden, aber ich halte sie nicht für legitim, weil sie nicht der Intention der Schreiber entsprach, und zudem wertlos ist, da sie ja selber zugibt, über kein belastbares Fundament zu verfügen (demnach also HALTLOS ist) und ihr allein das eigene Wunschdenken des „Auslegers“ zugrunde liegt. Vielmehr folgt sie einer agnostischen, bibelkritischen Ideologie, nach der Gott angeblich mittels erfundener Wundergeschichten die Menschen irgendwie ein bisschen trösten wollte, indem sie irgendwas in diese Mythen (Lügenmärchen) hineininterpretieren dürfen. Diese seit etwa 200 Jahren bestehende Ideologie erhebt sich über die frühere Gemeinde (33 n. Chr.- ca. 1800 n. Chr.), die „der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit ist“ (1. Timotheus 3:15), indem sie deren buchstäbliches Bibelverständnis für Schwachsinn hält und meint, es besser zu wissen. Damit ehren sie aber nicht ihre Väter, wie es das 5. Gebot eigentlich fordert, sondern verachten sie.

„Rosinenpicken“ in Bezug auf die Bibel bedeutet, dass man sich nur jene Aussagen aus der Heiligen Schrift herauspickt, die dem eigenen Wunschdenken entsprechen, aber alle unliebsamen (weil widersprechenden) Stellen einfach ignoriert. Von daher kann ein Fundamentalist schon per Definition kein „Rosinenpicker“ sein, da er ja gerade auf die buchstäbliche Gültigkeit ALLER solcher – subjektiv betrachtet – „unliebsamen Stellen“ pocht.

Selbst wenn es unter den Christen schon immer unterschiedliche Auffassungen in den Lehrfragen gegeben hat, haben sie nie die Gültigkeit der Bibel als Fundament in Frage gestellt. Demnach kann man daraus folgen, dass der Glaube an die Gültigkeit der Bibel als wörtlich zu verstehendes, unfehlbares Wort Gottes eines der entscheidenden Kennzeichen eines echten Christen ist. Ein Katholik z.B. kann noch so irrtümliche Ansichten vertreten, aber solange er sie von der Bibel her ableitet, ist er für mich ein Christ. Ein evangelikaler Freikirchler hingegen, der irgendein Gebot der Bibel einfach für eine vorübergehende, kulturelle Tradition hält (z.B. 1. Korinther 11:2-16), ist in meinen Augen kein echter Christ.

Im Neuen Bund muss ich meinen Sohn nicht mehr steinigen im Sinne von 5. Mose 21:21, wenn er mir dauerhaft nicht gehorcht, aber ich muss ihn züchtigen (Hebräer 12:5-29) und ihn nötigenfalls auch aus der Gemeinschaft ausschließen, damit er zur Buße kommt (2. Thessalonicher 3:6:15).

→ „Sklaverei“

Auch die Sklaverei war im Alten Bund unter den von Gott gebotenen Bedingungen noch legitim, jedoch im Neuen Bund nicht mehr (1. Korinther 7:23). Das heißt aber nicht, dass ein Sklave das Recht hätte, gegen seine Versklavung zu rebellieren (1. Korinther 7:21-22), sondern er soll dies aus Gottes Hand annehmen.

→ „Frauenrechte“

Das Hosentragen der heutigen Frauen setzt sich über das Gebot in Sprüche 22:28 hinweg, nach welchem wir die von den Vätern für die Dauer eines Äons festgesetzte Grenze (in diesem Fall die der Unterscheidbarkeit zwischen Mann und Frau) nicht „zurücksetzen“ dürfen als Kniefall vor dem antichristlichen Zeitgeist der Emanzipation.

Debora war in erster Linie eine Prophetin, d.h. sie erhielt von Gott Anweisungen, die sie an das Volk Gottes auszurichten hatte. Deshalb hat sie auch nicht „den Barak rumkommandiert“, sondern ihm lediglich den Befehl Gottes mitgeteilt (Richter 4:6). Barak hingegen war derjenige, der der Prophetin indirekt seinen Willen aufzwingen wollte, indem er sie erpresste (V.7). Debora hingegen hatte von Gott nicht das Recht erhalten, selber das Volk Gottes im Kampf gegen die Feinde anzuführen, weil die Kriegsführung ausschließlich Aufgabe der Männer war. Auch Jaël besaß keinerlei Waffe (5. Mose 22:5), sondern benutzte einen Zeltpflock, um den Willen Gottes auszuführen.

→ „Wahrheit oder Lüge“

Die Liebe Gottes ist keine „Regel“ (im Sinne einer Grundbedingung für meine subjektive Legitimation) des Glaubens, sondern die bedingungslose Grundwesenart Gottes, die ich aber nicht für meine eigenwilligen Interessen vereinnahmen und instrumentalisieren kann. Was Gott von mir jedoch als Regel erwarten kann, ist, dass ich nicht irgendeinem selbstgebastelten Glauben folge, sondern alles anhand Seines Wortes auf Glaubwürdigkeit prüfe (1. Thessalonicher 5:21). Zum Wesen Gottes gehört nicht nur Seine Liebe, sondern auch Seine Gerechtigkeit, und dass „Er keineswegs für schuldlos hält den Schuldigen“ (4. Mose 14:18). Da Du jedoch das Gericht Gottes und eine Bestrafung in der Hölle leugnest, ist Dein Gott nicht der biblische, sondern ein Götze Deines eigenen Willens, der Dir zu dienen hat. Sich ein Bild von Gott zu machen, ist nur dann legitim, wenn es durch die biblische Offenbarung begründet ist.

→ „Frauenrechte“ → „Gewalt“

Jemandem ein Ultimatum zu stellen, hat sicherlich nichts mit der verweichlichten, seelischen Liebe des Humanismus zu tun, sehr wohl aber mit den Prinzipien Gottes; denn Geduld ist kein Selbstzweck, sondern verfolgt immer das Ziel der Veränderung. Selbst in den irdischen Dingen kann z.B. ein Unternehmer ja dem Kunden eine Frist setzen, wenn dieser bisher nicht zur Zahlung der geschuldeten Forderung bereit war, indem er ihm bei Nichterfüllung eine Klage androht. Als Christen sollen wir den Willen Gottes durchsetzen, nötigenfalls mit Gewalt, denn wir sind als Diener Gottes auch Seine Erfüllungsgehilfen. Da sich Gottes Wesen nicht ändert, ist das, was Ihm vor 3000 Jahren schon ein Gräuel war, auch im 21. Jahrhundert noch ein Gräuel. Bei der Bekleidungsvorschrift in 5. Mose 22:5 handelt es sich um ein Darstellungsverbot; der Gräuel für Gott besteht also in erster Linie in dem nicht schöpfungsgemäßen Zeugnis vor anderen. Wenn wir jedoch zu Hause sind, spielt es weniger eine Rolle, wie Ruth gekleidet ist, da sie von anderen ja nicht gesehen wird.

Meine Frau und ich wählen nicht, da wir bereits vor Jahren den „Fürsten der Regenten der Erde“ gewählt haben (Offenbarung 1:5), und Er bestimmt souverän, wer regieren soll und wer nicht (Daniel 2:21). Und was das Haushaltsgeld betrifft, so kann Ruth frei darüber verfügen, weil ich sie dazu bevollmächtigt habe.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Meine Bibelauslegung hat zwar nicht die Annahme als Fundament, dass die Bibel in allen ihren Aussagen wortwörtlich den Tatsachen entspricht, sondern jede Menge bildhaft zu verstehender Inhalte enthält. Trotzdem steht sie auf einem belastbaren Fundament insofern, als ich mich natürlich nach dem roten Faden frage, den die Aussagen der Bibel enthalten.

Die Mitte der Schrift ist die Liebe Gottes, die sich im befreienden und zur Gerechtigkeit herausfordernden Wort des Einen Gottes Israels ausdrückt und im Glauben an Jesus Christus – vermittelt durch den Heiligen Geist – auch zu uns außerisraelitischen Völkern gelangt ist. Diese Liebe ist der belastbare Grund der Bibelauslegung, nicht ein Postulat der angeblichen Widerspruchsfreiheit. Übrigens gibt es nicht erst seit der Aufklärung Alternativen zur wortwörtlichen Bibelauslegung. Schon in der Alten Kirche fragten Christen neben dem wörtlichen Sinn von Bibelworten auch nach dem dogmatischen, moralischen oder endzeitlichen Sinn (Interpretation im Glauben, in der Liebe, in der Hoffnung).

Auch für mich enthält Gottes Liebe die Gerechtigkeit – und zwar sowohl als Geschenk im Sinne von Rechtfertigung und Befreiung – als auch als Forderung in dem Sinn, dass ich mich für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden auch im Blick auf meine Mitmenschen einsetze. Klar ist auch, dass Gott in seiner Liebe nicht einfach über jedes Fehlverhalten hinweg geht, sondern die Umkehr der Menschen im Sinn hat. Kern der guten Wegweisung Gottes ist allerdings für mich eben der Wille, dass Menschen im Geist der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Ebenbürtigkeit als Kinder Gottes im Frieden miteinander leben.

Eigentlich dürfte es nach deinen Voraussetzungen keine Lehrunterschiede unter Christen geben. Wenn es sie gibt, muss es doch wohl unterschiedliche Auffassungen darüber geben, was denn nun genau der wortwörtlich zu verstehende Sinn der Bibel ist.

Zum Beispiel verstehe ich nicht, wieso du das Steinigungsverbot für ungehorsame Söhne für im Neuen Testament aufgehoben hältst (ausdrücklich wird das nirgends gesagt); müsstest du nicht sogar sagen, dass die Züchtigung nach Hebräer 12 im Extremfall sogar bis hin zur Steinigung gehen müsste – wenn nämlich der Sohn sich nicht durch Worte oder Schläge disziplinieren lässt?

Apropos: Hast du Kinder – und erziehst du sie wirklich mit gewaltsamer Strenge? Unsere Enkelin war kürzlich (mit Recht) entsetzt über die Erziehungsmethoden des Schulmeisters in Wilhelm Buschs „Plisch und Plum“, wo die durch Schläge zur Bravheit gezwungenen Schüler ihr so erworbenes Erfahrungswissen sogleich durch Prügel gegenüber ihren Hunden in die Tat umsetzten.

→ „Sklaverei“

Meines Erachtens entspricht die Sklaverei schon im Alten Testament nicht dem Willen Gottes; und noch im Neuen Testament sind die Verhältnisse so, dass die Sklaverei trotzdem noch für legitim gehalten wird – auch du betonst ja, dass kein Sklave sich seinem Herrn widersetzen, sondern die Sklaverei aus Gottes Hand annehmen soll. Ich fragte dich ja schon, ob du das auch für heutige Fälle von Sklaverei für das von den Sklaven oder Sklavinnen zu fordernde Verhalten hältst. Darauf hast du noch nicht geantwortet.

Dass du 1. Korinther 7,23 im Sinne der Aufhebung von Sklaverei auslegst, verstehe ich von deinen Voraussetzungen her nicht – der Satz spricht doch Christen an, die sich selber nicht versklaven lassen sollen. Da steht nichts von einer Aufhebung der Institution der Sklaverei, noch nicht einmal davon, dass Christen nicht etwa andere versklaven dürften. Und im Vers zuvor wird ausdrücklich zwischen innerer und äußerer Versklavung unterschieden. Also gerade dieser Textzusammenhang ist offen für sehr unterschiedliche Auslegungen.

→ „Frauenrechte“

Für mich entspricht Emanzipation durchaus dem Geist des befreienden Gottes der Bibel. Deine Auslegungen bezüglich Deboras, Baraks und Jaëls zeigen, dass auch du in deiner Auslegungskunst nicht vor Beliebigkeit gefeit bist. Müsste nach 1. Timotheus 2,12 nicht Debora grundsätzlich die Ausübung des prophetischen Amts verboten gewesen sein? Und erst recht die Ausübung des Richteramtes? Denn du wirst ja wohl nicht bestreiten, dass sie als Richterin auch verbindliche Ansagen gegenüber Männern zu machen hatte.

Völlig verquer finde ich es, wenn du andeutest, dass Jaël den Sisera mit einer Waffe (= männliches Gerät) nicht hätte töten dürfen, wohl aber mit einem Zeltpflock (obwohl – ist der nicht auch ein männliches Gerät? oder wer baute die Zelte auf?). Es bleibt auch der Widerspruch zu 1. Timotheus 2,12 bestehen, dass Jaël sich offenbar von Gott ermächtigt gesehen hat, Herr über einen Mann zu sein, obwohl der Apostel das dort doch ausdrücklich ausschließt.

Die eheliche Beziehung mit einer geschäftlichen oder politischen Beziehung gleichzusetzen, in der man mit Ultimaten Verhaltensänderungen erzwingt, halte ich für skandalös. In der patriarchalischen Kultur galt die Ehefrau als Besitz des Mannes, das stimmt. Aber ich sehe in der Bibel gerade sehr deutlich die Ansätze, dass von der Liebe Gottes her dieser Patriarchalismus überwunden wird. Auch die Frau ist Ebenbild Gottes. Sie darf sogar Prophetin sein wie Debora, Sprecherin einer jesusgläubigen Genossenschaft wie Lydia. Eine Frau dichtet Liebeslieder wie ihr Freund im Hohenlied Salomos, ohne Anzeichen der Unterwerfung zu zeigen. Frauen werden von Jesus als Gesprächspartnerinnen auf Augenhöhe gewürdigt wie die Frau am Jakobsbrunnen oder Maria und Martha.

→ „Gewalt“

Schließlich vernehme ich entsetzt, dass du meinst, wir müssten nötigenfalls Gottes Willen mit Gewalt durchsetzen. Ich hoffe, dass du dabei unter heutigen Bedingungen nur an das Gewaltmonopol des Staates denkst, der mit den Mitteln von Polizei und Justiz und im Verteidigungsfall mit militärischen Mitteln dafür zu sorgen hat, dass dem Bösen Einhalt geboten wird (siehe Römer 13). Ansonsten würde ich dir Markus 10:42-44 entgegenhalten. In welchen Zusammenhängen sonst hältst du Gewalt für notwendig? Apropos Staat – widerspricht es nicht Römer 13:5 oder Jeremia 29:7, dass ihr euch an der Wahl von Parlamenten nicht beteiligt? Oder würdest du sagen, dass man diese Stellen auf keinen Fall so auslegen darf, dass wir als Christen dazu aufgerufen sind, unsere Stimme auch mitgestaltend in der modernen Demokratie zu erheben?

→ „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Einen „roten Faden“, nach welchem es in der Bibel irgendwie um Liebe und Gerechtigkeit geht, den würde man wahrscheinlich auch in der Mao-Bibel finden. Dass die Heilige Schrift im buchstäblichen Sinne „wahr“ und widerspruchslos sei, war auch selbst für die Apostel eine Selbstverständlichkeit, wenn sie aus dem Alten Testament zitiert haben. Als Beispiel sei nur einmal Hebräer 11 genannt. Und als der HErr Jesus den Jona im Bauch des Fisches erwähnte, hat er sicherlich nicht an einen Mythos gedacht. Und dass die Alte Kirche nicht nur an eine buchstäbliche Auslegung glaubte, sondern auch noch an andere Auslegungsebenen, wissen wir schon von vielen Beispielen bei Paulus (z.B. 1. Korinther 9:9, Galater 4:22-31). Aber wenn es sich bei Texten ausschließlich um Gleichnisse oder Allegorien handelt, dann sind diese auch ausdrücklich und klar erkennbar als solche gekennzeichnet.

In der Tat gibt es in Einzelfragen der Auslegung auch unter bibeltreuen Christen viele unterschiedliche Ansichten, aber dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns in den Grundfragen des Glaubens alle einig sind, und dazu zählt auch die buchstäbliche Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift. Ich war schon bei Geschwistern in Peru oder Guatemala, aber überall haben sie die Bibel in gleicher Weise verstanden wie ich. Z.B. wussten auch sie, dass wir heute im Neuen Bund leben, wo zwar die Gebote des Alten Bundes immer noch gelten, jedoch die praktische Umsetzung im Neuen Bund eine Änderung erfahren hat. Heute opfern wir ja dem HErrn kein buchstäbliches Räucherwerk mehr, sondern unsere Gebete sind es, die wie ein lieblicher Geruch zum HErrn emporsteigen. Unser Altar ist ja nicht mehr auf Erden (Hebräer 13:10) und auch alle Opfer und Rituale des Alten Bundes weisen ja symbolisch auf den HErrn Jesus hin und dienten schon den damaligen Juden als Anschauungsunterricht.

Wer sich damals wie heute nur von reinen Tieren ernährte, hatte „keinen Nutzen davon“ (Hebräer 13:9), denn tatsächlich ging es Gott nie um unreine Tiere, sondern um unreine Menschen, die das Wort Gottes nicht „wiederkäuen“, d.h. darüber nachsinnen, und deren „Hufe nicht ganz gespalten“ sind, die also inkonsequent sind in ihrer Absonderung von der Welt. Ein Junge, der seinen gläubigen Eltern im Neuen Bund dauerhaft ungehorsam ist, wird auch heute noch verbal „gesteinigt“ und aus der Mitte der Gläubigen entfernt durch jenen „EckSTEIN, den die Bauleute verworfen haben“, der aber zugleich ein „Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses“ ist (1. Petrus 2:4-8). Wenn jemand nicht die Unterschiede erkennen kann, wo das Wort Gottes es buchstäblich meint und wo es bildhaft redet, der ist verblendet und steht schon jetzt unter dem Verstockungsgericht Gottes.

→ „Sklaverei“

Bei der Sklaverei muss man wohl unterscheiden zwischen der gesetzlosen Sklaverei (wie sie auch heute noch in den Entwicklungsländern aber auch in Form von Zwangsprostitution geschieht) und der gesetzlich geregelten „Sklaverei“, zu der ich auch die durch die Harz-IV-Gesetze geregelten Beschäftigungsmaßnahmen und die sog. 1-€-Jobs zähle. Im weitesten Sinne sind auch sämtliche prekären Beschäftigungsverhältnisse weltweit Formen der Sklaverei, die jedoch nicht grundsätzlich dem Willen Gottes zuwiderlaufen, da Gott eines Tages einen Ausgleich schaffen wird für erlittene Benachteiligung (Lukas 16:19-31). Die gesetzlose Sklaverei hingegen war schon immer verabscheuungswürdig und sollte auch heute in jeder Form bekämpft werden, auch von Gläubigen. Es war übrigens ein evangelikaler Parlamentarier namens Wilberforce, der seit 1789 innerhalb von 18 Jahren jedes Jahr im englischen Parlament die Abschaffung des Sklavenhandels einforderte und 1807 schließlich Gehör fand, so dass es zum endgültigen Verbot des Sklavenhandels im British Empire kam.

→ „Frauenrechte“

Wie schon ausführlich begründet, war Debora keine Emanze, die eigenmächtig über die Männer herrschte, sondern sie übte ein Amt aus so wie auch Angela Merkel heute, was völlig im Einklang mit den Geboten Gottes ist. Jaël hat über Sisera einen göttlichen Hinrichtungsauftrag ausgeführt, ohne dabei ihre Rolle als Gehilfin des Mannes zu verleugnen. Dennoch gab es bis vor 100 Jahren in der ganzen Welt eine klar geordnete Geschlechterrollen-Unterscheidung, die selbst von Ungläubigen beachtet wurde, sei es in der Bekleidung oder im Beruf. Was über Tausende von Jahren für die gesamte Welt eine Selbstverständlichkeit war, wird heute durch den antichristlichen Geist der Emanzipation infrage gestellt, und der Teufel lacht sich eins ins Fäustchen.

Ich habe die Ehe keineswegs mit einer Geschäftsbeziehung „gleichgesetzt“, sondern durch einen Vergleich beispielhaft zeigen wollen, wie man zwischenmenschliche Konflikte durch Abgrenzung der unterschiedlichen Interessen lösen kann. Gerade vorhin habe ich zu meiner Frau gesagt: „Wenn du weiterhin ständig ALDI-Karottensaft in Flaschen kaufst, dann musst du sie in Zukunft selber auch entsorgen, denn du kannst genauso gut auch Karottensaft im Tetrapack kaufen.“ (sie trinkt nämlich jeden Tag eine Flasche, so dass ich alle zwei Wochen etwa 14 Flaschen zum Glascontainer bringen muss).

Obwohl Männer und Frauen vor Gott nicht gleichberechtigt sind, da der Mann vor Gott die Verantwortung trägt, hat die Frau dennoch in bestimmten Bereichen des Lebens die „Alleinherrschaft“, z.B. im Haushalt (Sprüche 31:10-31). Hier darf auch der Mann ihr nicht reinreden. Frauen werden „gerettet durch Kinderkriegen (und Auferziehen)“ (1. Timotheus 2:14). Der Mann hingegen soll das Geld verdienen und „in die feindliche Welt hinausgehen“, wie Friedrich Schiller schon sagte. Bis in die 60er Jahre hatten allein die Männer „die Hosen an“, und diese Rollenverteilung hat wunderbar geklappt. Auch in meiner Ehe funktioniert das perfekt, so dass meine Frau und ich seit nunmehr 27 Jahren sehr glücklich verheiratet sind und uns lieben wie am ersten Tag.

→ „Gewalt“

Das mit der „Gewalt durchsetzen“ meine ich natürlich nicht mit physischer Gewalt, sondern „durch Gottes Geist“ (Sacharja 4:6). In 2. Thessalonicher 2:15 schreibt Paulus: „Demnach also, Brüder, steht fest und haltet [wörtl. „setzt durch“, „gebraucht mit Macht“ griech. κρατεῖτε von KRATOS = ausgeübte Macht, Herrschaft] die übergebenen Anweisungen, die ihr gelehrt worden seid…“. Die gleiche Aufforderung finden wir auch in Offenbarung 3:11 „Ich komme schnell. Halte fest (d.h. gebrauche mit Macht) was Du hast, damit niemand deine Krone nehme“.

→ „Wahrheit oder Lüge“

Wer jedoch wie Du die Gültigkeit und Verbindlichkeit der Gebote des HErrn leugnet, sich aber trotzdem Pastor nennt, der wird ein sehr schweres Urteil vom HErrn bekommen, weil Du die Herde des HErrn in die Irre geführt hast durch Deine bibelkritische Ideologie. Ich spreche Dir auch jede Urteilsfähigkeit ab, besonders über christliche Ehen, wie der meinigen, da Du nach dem Urteil der Heiligen Schrift ein gesetzloser und blinder Führer der Blinden bist. Der HErr Jesus bietet Dir Augensalbe zum Kauf an, damit Du sehend werdest (Offenbarung 3:18).

Gerade weil Du ja als ordinierter Pastor vorgibst, ein „Geistlicher“ zu sein, gebietet Dir der HErr in 1. Korinther 14:37, dass Du die Anweisungen von Paulus (z.B. über das Redeverbot für Frauen im Gottesdienst) als „Gebot des HErrn“ erkennen sollst! Wenn Du Dich aber weigerst, es erkennen zu wollen, dann tritt automatisch das in Kraft, was Paulus im nächsten Satz androht: »Wenn aber jemand das⟩ nicht_erkennt/ verkennt, wird er in⟩ Unwissenheit festgehalten⟩ [oder aber auch: »wird er ⟨von Christus⟩ nicht ⟨aner⟩kannt« V. 38 nach der GtÜ].« Nach der zweiten Übersetzungsmöglichkeit wird einem Gläubigen, der den in 2. Timotheus 2:19 gebotenen Abstand zur Ungerechtigkeit nicht beibehält, die ihm vom HErrn geschenkte Gerechtigkeit wieder aberkannt (Hesekiel 3:20, 33:13), so dass der HErr ihn ins Angesicht verleugnetihn jemals erkannt zu haben, weil er ein Täter der Gesetzlosigkeit geworden ist (Matthäus 7:23). Eine andere, von vielen gewichtigen Handschriften bezeugte Lesart lautet: »soll er es nicht erkennen!«/ »soll er es verkennen!«. Diese anscheinende Aufforderung zum Bösen ist in Wirklichkeit als letzte Warnung gemeint, dass solch einer der Verstockung und dann dem Gericht verfallen wird (Ähnliche formale Aufforderungen zum Tun des Bösen gibt Gott in Josua 24:15, Jeremia 44:25, Hesekiel 3:27, 20:39, Amos 4:4, Matthäus 23:32, Offenbarung 22:11). »Ein Mensch, der von dem Weg der Einsicht abirrt, wird ruhen in der Versammlung der Schatten« (Sprüche 21:16). Um diesem Verstockungsgericht zu entgehen, ist es umso wichtiger, alles, was Paulus zur Stellung der Frau schreibt, auf der ganzen Linie als Gebot des HErrn zu erkennen.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Ich ziehe mal als Fazit deiner jetzigen Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Bibel: Auch die Absicht, die Bibel wortwörtlich auszulegen, schützt nicht davor, im konkreten Fall zu unterschiedlichsten Auslegungen zu gelangen. Und auch du erkennst an, dass viele Bibelstellen nicht wortwörtlich, sondern sinnbildlich ausgelegt werden müssen. Das betrifft vor allem alttestamentliche Stellen, die vom Neuen Bund her völlig anders zu verstehen sind (unnütze Speisegebote, verbale Steinigung etc.). Du ziehst allerdings die Grenzen der bildhaften Auslegung sehr viel enger als ich.

→ „Sklaverei“

Deine Differenzierungen bezüglich der Sklaverei, über die man lange streiten könnte, zeigen jedenfalls, dass wortwörtliche Auslegung der Bibel nicht automatisch dazu führt, Rezepte zur Lösung ethischer Fragen einfach auf die heutige Situation übertragen zu können. Eingehendes differenziertes Nachdenken ist erforderlich, um vom Heiligen Geist her die Bibel im Blick auf heutige Probleme zu befragen. Für unser Thema der Glaubwürdigkeit der Bibel halte ich fest, dass jedenfalls auch nach deiner Auffassung ein Vers wie 1. Petrus 2:18 nicht jede Form der Sklaverei als Institution rechtfertigen kann.

→ „Gewalt“

Mit dem Gebrauch des Wortes „Gewalt“ solltest du schon sorgfältiger umgehen, denn was du jetzt als „Gewalt“ definierst (im Sinne geistlicher Gewalt, also im Grunde Vollmacht oder Autorität), hat ja nichts mit körperlicher Züchtigung, gewaltsamen Angriffen auf andere Menschen oder gar der Todesstrafe zu tun (um die es in biblischen Texten an vielen Stellen geht, wenn es nach Zeugnissen des Talmud auch wohl so war, dass Juden die Todesstrafe tatsächlich nur selten verhängt haben). Deine Übersetzung von „kratein“ in 2. Thessalonicher 2:15 und Offenbarung 3:11 stimmt übrigens meines Erachtens nicht; das Wort bedeutet wie an vielen anderen Stellen auch einfach „ergreifen, halten“ und nicht, dass Anweisungen oder etwas, was man hat, „mit Macht“ anderen aufgezwungen werden sollen.

→ „Frauenrechte“

Zur Gleichberechtigung der Frau bleiben unsere Positionen unvereinbar: Ich halte nach wie vor die Zweitrangigkeit der Frau in der Bibel für eine zeitbedingte Folge des über Jahrtausende (bis in unsere Zeit hinein) herrschenden Patriarchalismus (den die Bibel als Folge der Verfehlung des Willens Gottes darstellt, 1. Mose 3:16). Das gilt ebenso für eine festgeschriebene Geschlechterrollen-Unterscheidung jenseits der biologischen Unterschiede im Blick auf das Kinderkriegen und -stillen.

Dass zum Beispiel der langjährige Kirchenvorstandsvorsitzende meiner früheren Gemeinde neben seiner Rolle als Hausmann und Vater phantastisch viel Zeit für seine ehrenamtliche Tätigkeit erübrigen kann, während seine Frau „hinaus ins feindliche Leben“ geht und das Geld für die Familie verdient, finde ich in keinster Weise verurteilenswert, sondern ebenso gottgewollt wie andere einvernehmlich gelebte Ehe- und Familienmodelle.

Und ich sehe nach wie vor nicht ein, wie du es mit 1. Timotheus 2:12 in harmonischen Einklang bringen kannst, dass Richterin Debora und Kanzlerin Merkel im Auftrag Gottes ein Amt ausüben dürfen, bei dem sie notwendigerweise auch „über Männer Herr sein müssen“. In Sprüche 31:16 wird übrigens die Frau dafür gelobt, dass sie als Winzerin arbeitet, was ja durchaus nicht nur ein Frauenberuf ist (1. Mose 9:20); völlig undurchlässig können also die Gendergrenzen auch in der Bibel schon nicht gewesen sein. Die von mir vielzitierte Lydia war ja Purpurfärberin und/oder -händlerin, was auch kein Beruf war, der auf Frauen oder Männer beschränkt war.

Soll ich es als dein Fazit unseres Austausches betrachten, dass du schweres Geschütz auffährst und davon ausgehst, dass ich mit meinem Bibelverständnis dem Verstockungsgericht Gottes verfallen bin, mich nicht Pastor nennen darf und keinerlei Urteilsfähigkeit in biblischen oder gemeindlichen Fragen habe? Aus deiner Sicht ist das wohl folgerichtig, denn ich liege tatsächlich im Streit mit Paulus über die Gebote der Frauenunterdrückung in den Gemeinden (1. Korinther 14:34-35). Ganz sicher bin ich allerdings nicht, ob diese Sätze dem Paulus nicht später „untergeschoben“ worden sind, denn sie wirken sehr als Einschub in einen zwischen den Versen 33 und 37 bestehenden Zusammenhang. Als Gebot Jesu kann ich nach allem, was die Evangelien über die Beziehung Jesu zu Frauen berichten, diese Sätze nicht verstehen. Seinem endgültigen Urteil werde ich mich gerne unterwerfen, warten wir‘s ab!

→ „Wahrheit oder Lüge“

S. P.: Um sicherzustellen, dass man nicht missverstanden wurde, sollte man das Schreiben eines Fazits über seine eigenen Überzeugungen nicht einem anderen überlassen. Denn so wie Du meine Aussagen zusammenfassen willst, könnte ich es nicht unterschreiben. So vertrete auch ich selbstverständlich den Standpunkt: „In den wesentlichen Dingen Einheit, in den zweitrangigen Freiheit, in allem Liebe“. Und diesen Grundsatz haben m.W. auch die Glaubensväter schon immer anerkannt. Zu den wesentlichen Dingen zählt das apostolische Glaubensbekenntnis. Wer dieses nicht wirklich glaubt, ist in meinen Augen kein echter Christ („…empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria… auferstanden von den Toten“ usw.). In allen anderen Erkenntnisfragen gilt Freiheit, was aber nicht gleichzusetzen ist mit Gleichgültigkeit, sondern eher mit Geduld.

Es gibt eine biblische Form der Auslegung (inkl. von bildhaften Geschichten), deren wichtigste Regel lautet: Die Bibel legt sich mit der Bibel aus; d.h. dass man eine bestimmte Auslegung auch biblisch gut begründen muss. Wenn man sich an diese einfache Regel hält, kann man auf einen Schlag sämtliche falsche Lehren auch als unbiblisch entlarven.

→ „Gewalt“ → „Frauenrechte“

Das Verb KRATAIOo bedeutet wörtlich „Macht-haben“ (über etwas), i.S.v. Lenkungs- und Kontrollgewalt haben über einen Gegenstand. Wenn jemand z.B. an einem Gebot des HErrn „festhält“, dann setzt er die Befolgung dieses Gebotes auch durch, sofern sein eigener Verantwortungsbereich davon betroffen ist – egal ob das den Außenstehenden passt oder nicht. Praktisch kann das so aussehen, dass gläubige Eltern sich dann z.B. weigern, ihre Kinder zur Schule zu schicken, weil Gott ihnen befohlen hat, dass Eltern ihre Kinder in der Furcht Gottes erziehen sollen (Epheser 6:4).

Wie ich schon an anderer Stelle erklärt hatte, bedeutet das Verb AUThÄNTÄOo in 1. Timotheus 2:12 nicht direkt „herrschen“, sondern „selbstvollbringend handeln“, im Sinne von eigenmächtig, unabhängig, selbstbestimmerisch, emanzipiert oder sogar selbstverwirklichend. Solange eine Richterin oder Kanzlerin im Rahmen ihres Mandats handelt, führt sie nur ihren Auftrag aus, zu dem sie von anderen bevollmächtigt wurde. Weder Debora noch Merkel haben bisher eigenmächtig gehandelt und erst recht nicht „geherrscht“, wie es z.B. ein König oder Diktatur tut. Auch landwirtschaftliche Betätigungen können problemlos auch von Frauen verübt werden, da sie sich noch in ihrem Verantwortungsbereich befinden („Haus und Hof“). Aber es gibt Berufe, die in der Bibel ausschließlich den Männern vorbehalten sind (Bergmann, Jäger, Handwerker, Soldat etc). Lydia war keine Färberin, sondern eine Verkäuferin (POoLÄOo = verkaufen).

Ob Du schon dem Verstockungsgericht verfallen bist, wird sich daran erkennen lassen, ob es bei Dir noch zum Umdenken kommen wird oder nicht. Dass Du Dich nicht „Pastor“ nennen dürftest, hatte ich nicht behauptet. Gott erkennt Dich als Pastor an, und gerade deshalb wirst Du ein strengeres Urteil von Ihm erhalten, denn das sagt die Schrift ganz klar (Hesekiel 34, Jakobus 3:1). Und solange Du an Deiner liberalen, bibelkritischen Theologie festhältst, fehlt Dir selbstverständlich ein geistliches Urteilsvermögen und vor allem der Heilige Geist selbst. In meinen Augen bist Du ein theologisch gebildeter Ungläubiger.

Der HErr Jesus hat übrigens nie einer Gleichberechtigung der Frau das Wort geredet – das ist feministisches Wunschdenken.

→ „Wahrheit oder Lüge“

H. S.: Dein Fazit ließe sich also in dem Satz zusammenfassen „Im Wesentlichen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem Liebe“, den man lange Zeit dem Kirchenvater Augustin zugeschrieben hat. Wobei wir leider festhalten müssen, dass wir beide uns auch abschließend nicht einig darüber sind, ob das wortwörtliche Verständnis der Bibel zum Wesentlichen gehört. Den Glauben an die Jungfrauengeburt und an die Auferstehung vertrete ich jedenfalls auf eine Weise, die du von deinem Bibelverständnis her nicht akzeptieren kannst.

→ „Frauenrechte“

Dass Jesu Verhalten Frauen gegenüber jedenfalls nicht den üblichen männlichen Gepflogenheiten entsprach, geht aus dem Unverständnis seiner Jünger in Johannes 4:27 hervor. Und Johannes 4:39 sowie 20:18 zeigen, dass Frauen im Auftrag Jesu Männern etwas bezeugen bzw. verkünden, um sie zum Glauben zu bringen.

Richter 13 ist übrigens ein schönes Lehrstück darüber, dass die biblischen Überlieferer, die ja wohl durchwegs Männer waren, manchmal ihre Schwierigkeiten damit hatten, wenn Gott sich durch seinen Engel einer Frau offenbart. Nicht einmal den Namen der Frau des Manoach haben sie erwähnt, obwohl die Botschaft, die sie ihrem Mann überbringt, vom Engel vollauf bestätigt wird, und obwohl sie es ist, die in 13:23 ihren Mann über den wahren Willen Gottes belehrt.

Meine letzte Frage zu dieser Thematik an dich: Wenn du zugestehst, dass Richterin Debora und Kanzlerin Merkel auch Männer richten bzw. regieren dürfen, weil sie ja von anderen (Merkel allerdings von einem Parlament, zu dem auch Frauen gehören) dazu bevollmächtigt wurden – dürfen dann auch Frauen als Pastorinnen ein Mandat übernehmen, zu dem sie von ihrem Bischof oder Propst (oder ihrer Bischöfin, die wiederum von einem Kirchenparlament dazu beauftragt wurde) ermächtigt wurden?

S. P.: Pastorinnen würden ja auch „lehren“ (1. Timotheus 2:12a) und würden ja während des Gottesdienstes auch nicht „still sein“ (1. Korinther 14:34-37), von daher geht das nicht. Etwas anderes wäre, wenn sie sich wirklich nur auf die Pastoren-Aufgabe im biblischen Sinn beschränken würden, also als Seelsorgerin oder Gemeindeschwester, so wie die Phoebe. Sie können auch Kinderstunde leiten oder Frauenfrühstück als „Lehrerinnen des Guten“ (Titus 2:3). Auch können Frauen selbstverständlich auch Botschaften anderer an Männer ausrichten, wenn dies nicht gerade Im Gottesdienst geschieht wie die Magd Rhode (Apostelgeschichte 12:14).

H. S.: O wie kleingeistig musst du dir dein angeblich dem wortwörtlichen Sinn der Bibel entsprechendes Bild der Frau zusammenstoppeln – von oben herab, natürlich im Auftrag des Herrn Jesus, gestehst du ihnen einerseits weitreichende Aufgaben zu, gestattest sogar der Kanzlerin zu regieren (ich verstehe immer noch nicht, wieso sie dabei innerhalb deines Weltbildes auch Männern, z.B. innerhalb ihrer Regierung, Weisungen erteilen darf), innerhalb der Gemeinde auf der anderen Seite aber dürfen Frauen gerade mal Kindern oder anderen Frauen etwas beibringen. Komisch, dass Jesus sich sogar von der syrophönizischen Frau belehren ließ.

→ „Wahrheit oder Lüge“

Aber ich denke, wir sollten wirklich zum Ende unseres Austausches kommen. Möchtest du noch ein abrundendes Schlusswort beisteuern?

S. P.: Ja, Du hast recht, ich bin kleingeistig. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, aber es sind nur wenige, die Ihn finden.

Ja, Du hast recht, ich bin kleingeistig und beschränkt. Denn ich bin arm im Geist, und in meinem Denken nur auf Gott und Sein Wort beschränkt.

Ja, Du hast recht, ich bin kleingeistig und einfältig. Denn nur die Kinder kommen ins Reich Gottes, und meine einzige Weisheit und Predigt bleibt auf den gekreuzigten Christus beschränkt.
Ja, Du hast recht, ich bin kleingeistig und weltfremd. Denn auch mein HErr verschmähte die Weisheit der Welt, suchte keine Ehre, keinen Besitz, kein Vergnügen, sondern wählte stattdessen die Schmach und das Kreuz.

Mein HErr war so einfältig und kleingeistig, dass Sein einziges Bestreben darin bestand, dass sich die Schrift erfüllen möge! Und zwar genau jenes Alte Testament, das der Mensch, „die kleine Narrenwelt“ für ein angeblich von Menschen stümperhaft zusammengedichtetes hält.

Der HErr Jesus dachte nichts als Gott – aber Er dachte auf dem Grund des vorliegenden Wortes Gottes. Mit dieser schriftbezogenen Einfalt vermochte Er, die Schriftgelehrten zu schlagen, weshalb sie verächtlich auf Ihn herabschauten. Bis heute sind Seine Worte ihnen ein Ärgernis, weshalb sie es umdeuten und wegerklären müssen, um Ihn überhaupt ertragen zu können.

Wer dem HErrn Jesus folgen will, muss hinausgehen zu Ihm, außerhalb des Lagers, um Seine Schmach zu tragen. Aber der HErr wird schon bald wiederkommen, und dann werden all die Seinen, die Ihn erwartet haben, sich freuen, aber alle anderen beschämt werden, weil sie Ihm nicht geglaubt haben.

H. S.: Danke für dein Schlusswort! Dieser Art von Kleingeist im Sinne von Einfalt und Demut kann ich auch viel abgewinnen – ermutigt zu ihr erfahren wir allerdings auch, dass Gott unsere Füße auf weiten Raum stellt, dass wir uns mit den Fröhlichen freuen und mit den Weinenden weinen dürfen. Auch für mich ist die Bibel nicht etwa ein stümperhaftes Werk, sondern ein kostbares Geschenk, das Gottes Wort, verpackt in Menschenwort, enthält: als tragfähiger Zuspruch für uns, als herausfordernder Anspruch an uns. Aber lass uns das Urteil über unsere weit auseinandergehenden Auffassungen Gott selber überlassen!

S. P.: Amen!

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.